Schöne, alte Bäume rund um einen großzügig angelegten Teich. Wege zwischen Büschen und Wiesen. Ein paar Enten schnattern um die Bank, auf der ein älterer Herr „schnabelgerechte“ Brotkrumen schnipselt. Zwei Frauen schlendern gemütlich über die Brücke. Trügerische Idylle in Timmendorfs „Altem Kurpark“: Im Zuge einer Neuplanung der Bergstraße soll ein Teilbereich des Parks in einen Radweg verwandelt werden. Nicht weniger als 36 zum Teil sehr alte und große Bäume sollen laut Liste des Gemeinde-Mitarbeiters Lutz Müller der Umgestaltung zum Opfer fallen. Am Eingang beim „Feuerstein“ sammelt sich eine Gruppe zur ersten Demonstration. Familien mit Hunden und Kindern, die gemeinsam ein Ziel verfolgen: den idyllischen Kurpark mit seiner Vielfalt an Bäumen für Einwohner und ruhesuchende Gäste zu erhalten.
Unmut, Unruhe, Protest verursachte der Beschluss im gemeinsamen Ausschuss für Umwelt und Verkehr am 28. August im Timmendorfer Rathaus. Mit einer Mehrheit aus CDU und WUB-Mitgliedern sprach man sich hier für den Ausbau der Bergstraße als Tempo-30-Zone mit einer neuen, abknickenden Vorfahrt von der Begstraße/Wohldstraße zum ETC-Parkplatz aus. Von der Wohldstraße bis zum „Kreisel“ an der Poststraße soll zudem ein kombinierter Geh-Radweg gebaut werden - auf der Parkseite, mit erheblichen Eingriffen in den Alten Park. Als Anhang erhielten die Ausschuss-Mitglieder eine von der Verwaltung aufgestellte Liste der Bäume, die zu diesem Zweck gefällt werden müssten: Alte Weiden mit 160 cm Stammumfang, Buchen, Eichen, Kastanien, Ahorn, Birken… insgesamt 36 Bäume, die den idyllischen Rahmen am Rande des Parks zur Straße hin bilden. Die Kosten für diese Maßnahme wurden erst in der folgenden Sitzung am Montag, den 3. September, bekannt: 1,7 Millionen Euro soll der Spaß kosten - „ein Unding“, protestieren Kritiker, „wir brauchen das Geld dringend für die Sanierung der Straßen.“
„Ein vollkommen unnötiger Eingriff“, wettert Peter Ninnemann (SPD). Seine Partei und die GRÜNEN sprechen sich entschieden gegen die zerstörerischen Pläne aus. „Der Schaden ist gar nicht abzusehen. Nicht allein die Bäume mit zum Teil fast 2 Meter Umfang, die auf der Liste stehen, werden abgängig sein; durch die notwendige „Anböschung“ müssten, so die Vorlage, weitere Bäume gefällt werden. Wo bleibt da die Baumschutzsatzung?“ - Auch Dr. Felix Benary von den GRÜNEN protestiert energisch gegen die Pläne. Gemeinsam mit der SPD wollen die Umweltschützer die „verkehrs- und umweltpolitisch völlig überdimensionierte, unsinnige Baumaßnahme auf Kosten der Steuerzahler“ auf jeden Fall vorerst stoppen. Den Sinn vermuten die Kritiker dieser Maßnahme ohnehin auf einer ganz anderen Ebene: „Hier soll der Park sturmreif geschossen werden“, erklärt Peter Ninnemann und weist darauf hin, dass vor den Wahlen des Bürgermeisteramtes die Pläne der CDU für ein 120 Betten-Hotel im historischen Kurpark geräuschlos begraben wurden. „Da muss doch die Frage erlaubt sein, was hinter diesen Planungen wirklich steht.“
Der Versuch, aus dem 1935 angelegen Timmendorfer Kurpark ein lukratives Geschäft zu machen, ist nicht neu. Bereits vor Jahren lagen die Pläne für ein Luxus-Hotel auf dem Tisch, dem nicht nur der Park, sondern auch das Eislauf- und Tennis-Zentrum (ETC) mit seiner erfolgreichen Eishockey-Mannschaft und der viel gelobten Jugendarbeit weichen sollte. Ein Bürgerbegehren und der entsprechende Bürgerentscheid stoppten damals die Pläne. Aber die Begehrlichkeiten blieben, und der Park dümpelt seitdem als eine Art „Bauerwartungszone“ vor sich hin. Nur wenige erinnern sich noch daran, dass auf den verschlammten Teichen einst Seerosen blühten, dass auf den wenig gepflegten Rasenflächen einmal Kinderfeste, später die Ausstellung „Living Garden“ stattgefunden haben, und dass man auf der überwucherten Freilichtbühne schöne Abende mit Live-Bands oder Theateraufführungen erleben konnte. Eine „Wiederbelebung“ würde diese Zone auch für Touristen attraktiver machen, die heute oft ungläubig durch den vergessenen Park im sonst so anspruchsvollen „Nizza des Nordens“ wandern.
Am Montagabend, den 10. September, wurde mit den Stimmen von CDU und WUB der mehrheitliche Beschluss gefasst, den kombinierten Geh- und Radweg tatsächlich in den Kurpark hinein zu bauen, allerdings in einer etwas anderen Variante, für die „nur“ etwa sechs Bäume weichen müssten und die statt mit 140 000 Euro mit etwa 90 000 Euro Mehrkosten zu Buche schlägt. Eine endgültige Entscheidung steht bei der Sitzung der Gemeindevertretung am 27. September an.
Nach wie vor besteht auch akute Gefahr für den kleinen „Dr. Wittern-Park“ an der Strandstraße in Niendorf. Hier will ein Investor eine Anlage für „Adventure Golf“ errichten. Mittlerweile hat eine Niendorfer Bürgerinitiative rund 5000 Unterschriften (Stand: 24.9.) zur Erhaltung ihres Parks zwischen Hafen und Brodtener Ufer gesammelt - und immer noch sind die Pläne auf dem Tisch. „Wir fragen uns, ob es die kommerziellen Interessen eines einzelnen Investors rechtfertigen, über den Willen Tausender hinwegzugehen“, sagt Iris Busse, die Sprecherin der Bürgerinitiative. „Dieser Park besteht seit 125 Jahren und befindet sich in direkter Nachbarschaft der einzigen denkmalgeschützten Strandhäuser Niendorfs. Er ist damit ein Charaktermerkmal Niendorfs und trägt dazu bei, dass der familiengerechte Charme des Ortsteils Niendorf seit jeher viele Gäste angezogen hat.“ Wie wichtig den Bürgern der Erhalt ihres Parks ist, zeigten sie sehr deutlich mit einer Demonstration am Sitzungstag, den 3. September, vor dem Timmendorfer Rathaus. Rund fünfzig empörte Niendorfer kamen, um mit Transparenten gegen den Beschluss zu protestieren.
Ob sie letztlich Erfolg haben werden, ist fraglich. Der Investor ist handlungsbereit, der Park in seiner Existenz stark gefährdet. Jetzt kommt es darauf an, wie sich die Parteien entscheiden. Die Timmendorfer und die Niendorfer hoffen auf ein bürgerfreundliches Einlenken von WUB und CDU.
Hier noch eine aktuelle Meldung: Unsere Umfrage zum Thema „Adventure Golf im Wittern-Park“ wurde am 24.09.2012 über einen Aufruf auf facebook bewusst manipuliert. Wir haben diesen Teil der Umfrage deshalb kurzfristig gestoppt.
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