Jubel, Lachen, Pirouetten… Samstagstrubel auf der Eisbahn. Mädchen, Jungs und ein paar sportliche Erwachsene tummeln sich während der öffentlichen Eislaufzeiten im Timmendorfer „ETC“, dem Eislauf- und Tenniszentrum, zentraler Freizeitpunkt in der Gemeinde. „Und das seit nun fast dreißig Jahren“, ergänzt Ulfert Weiß, geschäftsführender Gesellschafter der ETC Betriebs GmbH, seit 2010 Pächter der Halle. Im kommenden Jahr ist Jubiläum. Eigentlich ein Grund zur Freude. Aber gerade jetzt ist der Fortbestand gefährdet. Dringende Reparaturen unter anderem an der Kältetechnik stehen an, einiges müsste renoviert werden. Dass die ETC Betriebs GmbH bereit ist, bei Verlängerung des 2016 auslaufenden Pachtvertrags um 20 Jahre selbst rund eine Million Euro zu investieren, hat die Gemeindevertreter bislang nicht überzeugt. „Das lohnt sich nicht“, meinen Vertreter der örtlichen SPD und plädieren für einen Abriss des Gebäudes und einen Neubau der Halle an anderer Stelle. Dort, wo jetzt das „ETC“ steht, soll ein Luxus-Hotel gebaut werden.
„Die Halle ist ein Millionengrab“ fürchten Vertreter der örtlichen SPD. Sie haben „eine Idee aufgenommen und konkretisiert, die schon lange in der Option in der Politik diskutiert wird“, heißt es in einem Schreiben von Udo Halenza; „es kann ein Weg sein, sehr abhängig von einer engen Abstimmung mit dem Verein und dessen Investitionsvermögen.“ Dabei handelt es sich um ein „zusätzliches Hotel“, das an gleicher Stelle entstehen soll. Zuvor müsste die Halle abgerissen, das Grundstück verkauft werden. Man rechnet mit einem guten Erlös für das strandnahe Gelände und mit zusätzlichen Gewerbesteuern. An anderer Stelle soll dann eine neue Mehrzweckhalle gebaut werden, finanziert unter anderem durch die Einnahmen aus dem Grundstücksverkauf, ergänzt durch Fördermittel und Sponsoring-Verträge, eventuell unterstützt vom VfL Bad Schwartau, dessen dort angesiedelte Handballsparte dort eine neue Spielstätte finden könnte.
Bislang ist die SPD Vorreiter dieser Vision, die zum Beispiel am Vogelsang, nahe der Strecke zur Autobahn, umgesetzt werden könnte. Dass die WUB (Wählergemeinschaft) und auch die GRÜNEN dieser Idee nicht unbedingt ablehnend begegnen, macht die Sache für den Pächter nicht leichter. „Wir haben die politischen Vertreter bereits seit einem Jahr jeweils vor den Ausschusssitzungen darum gebeten, sich mit diesem Thema zu befassen, damit wir Planungssicherheit haben“, sagt Ulfert Weiß. „Leider ohne Erfolg. Nun ist ein ganz neues Thema auf dem Tisch, und wir befürchten, dass es noch lange dauert wird, bis hier eine klare Entscheidung getroffen werden kann.“ So lange will er allerdings nicht warten. Die veraltete, kaum gewartete Kältetechnik könnte „täglich ausfallen“ und sollte umgehend repariert werden. Weitere kleine „Schönheitsreparaturen“ wären ebenfalls notwendig - „aber von einem Millionengrab, wie es die SPD heraufbeschwört, kann nicht die Rede sein.“
Dass die Halle trotz ihres Alters stabil ist, steht außer Frage. Vor sechs Jahren hat Timmendorfs verstorbener Bürgermeister Volker Popp die Statik minutiös überprüfen lassen, als in Süddeutschland das Dach einer Eishalle zusammengebrochen war und einige Eisläufer unter sich begraben hatte. „Eine Wartung der Anlage hätte man ohne Mühe durch die Pachtgebühren finanzieren können. Die laufenden Kosten der Gemeinde betragen 20.000 Euro jährlich für die Kältetechnik und 55.000 Euro Sportförderung für den Schulsport, der in der Halle stattfindet“, erklärt Ulfert Weiß. Eine Summe, die weit von einem „Millionengrab“ entfernt ist. Bei näherer Betrachtung scheint es eher der Standort zu sein, der Begehrlichkeiten weckt. Schon einmal stand hier ein Hotel-Neubau zur Debatte. Das war im Jahre 2004. Die Eishalle sollte abgerissen werden, die Timmendorfer liefen Sturm. Nach einem Bürgerentscheid am 28. November stand fest: „Die nächste Eiszeit kommt bestimmt“. Mit großer Mehrheit hatten sich die Einwohner im sportlichen Ostseebad für den Erhalt ihrer Eishalle entschieden und retteten damit einen beliebten Treffpunkt für alle Generationen.
„Wir haben hier etwas Besonderes“, betont Ulfert Weiß. „Mich hat gerade jemand aus einem Handballteam angerufen, der nach den Zuschauerzahlen bei den Spielen unserer 1. Eishockeymannschaft fragte. Ja, habe ich gesagt: meistens sind es so 800 bis 1000 Zuschauer, mindestens aber 500… Der war ganz begeistert und meinte: ich wünschte, wir hätten auch mal 500 Zuschauer bei uns. Dabei sind wir ja nicht in Hamburg oder einer anderen Großstadt. Für Timmendorfer Strand sind diese Zahlen schon ein Rekord.“ - Hitverdächtig ist auch die Anzahl jener, die die Halle nutzen. Vor allem in der Jugendarbeit liegt der Eishockeyclub (EHC) Timmendorfer Strand 08 ganz vorn. Kleinstschüler, Kleinschüler, Knaben, Schüler, Jugend - alle Mannschaften kämpfen unter Anleitung eines lizensierten Trainers und 1-2 Betreuern begeistert um den Puck und die Ehre. Und ein Aufstieg ist immer drin, zu den „Herren 1 B-Storm“ oder nach ganz oben zur Ersten Herrenmannschaft, den „Beach Boys“, amtierender Meister in der Oberliga Nord. Außerdem gibt es jeden Sonnabend die beliebte Eis-Disco mit 300 bis 500 Besuchern (ab 19.30 Uhr) und das öffentliche Eislaufen montags und mittwochs von 14 bis 16 Uhr, dienstags und donnerstags 14 bis 18 Uhr, mittwochs 20 bis 22 Uhr („After Work“), freitags und samstags 13 bis 18.30 Uhr, sonntags 13 bis 17 Uhr. Ein Riesenspaß mit Tradition. Und alle hoffen, dass er erhalten bleibt.
In dieser Frage wird es jetzt spannend. Am 6. November tagt der Tourismusausschuss, „und wenn er diesmal wieder keine richtungsweisende Entscheidung fällt, dann ist unser Investitionsangebot von 1 Millon Euro Geschichte. Dann behalten wir unseren Vertrag bis 2016 - mit einer Anlage, die jeden Tag ausfallen kann. Das wäre dann auch ein Risiko der Gemeinde.“
Ein Risiko ist die Idee eines Neuanfangs mit frisch gebauter Halle auf einem Grundstück am Vogelsang allemal. Nicht allein wegen der Finanzierung, sondern auch wegen der geplanten Festen Fehmarnbelt-Querung. In diesem Zusammenhang müssten nämlich die Bahnübergänge in der Nähe gesperrt und neue Zufahrtstraßen zur Überbrückung geschaffen werden - und die würden, laut derzeitigem Stand der Dinge, direkt in die Region am Vogelsang führen. Mit so einer Option ist dieser Standort nicht unbedingt die Alternative zu einer Tradition, auf die kaum ein Timmendorfer verzichten will.