Novum im Niendorfer Hafen: Richtfest am Informationszentrum

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Dicht gedrängt warten die Premierengäste auf den Start beim Richtfest für das neue Hafen-Informationszentrum in Niendorf

Rie­si­ge Bull­au­gen bli­cken auf den klei­nen Hafen, Men­schen drän­gen sich vor dem Roh­bau-Gebäu­de, war­ten auf Häpp­chen, auf Reden, auf Musik. Das neue Haus wird ein­ge­weiht. Ein Hafen­in­for­ma­ti­ons­zen­trum soll es wer­den, mit Prä­sen­ta­ti­ons­raum, Tou­rist-Info und die­sem beson­de­ren Aus­blick auf ein klei­nes biss­chen Nost­al­gie: düm­peln­de, bun­te Fisch­kut­ter an der Kai­mau­er, hung­ri­ge Möwen rund um die Net­ze, fri­sche Fische im Ver­kaufs-Con­tai­ner. Noch steht das Bau­ge­rüst, aber schon bald soll alles fer­tig sein.

Soli­de steht es dort, wo einst die klei­nen Häu­ser mit Tou­rist-Info, Hafen-Töp­fe­rei und ande­ren Mini-Attrak­tio­nen stan­den. Jetzt soll alles noch grö­ßer, schö­ner wer­den. „Voll­bracht und voll­endet mit Meisterhand/ grü­ßet der Neu­bau weit ins Land“, reim­te Zim­mer­mann Wolf­gang Har­gus hoch oben neben dem Richt­kranz auf dem neu­en Hafen-infor­ma­ti­ons­zen­trum. Begrüßt wur­de auch die geball­te Polit-Pro­mi­nenz der Regi­on: Bür­ger­vor­ste­he­rin Anja Evers hieß den Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten Ingo Gae­de­chens eben­so will­kom­men wie die Land­tags­ab­ge­ord­ne­ten Maria-Eli­sa­beth Fit­zen, Lars Win­ter und Hart­mut Ham­me­rich. Auch die Regio­nal­ma­na­ge­rin der Aktiv­Re­gi­on Inne­re Lübe­cker Bucht, Tan­ja Schrid­de, war gekom­men, um den zukunfts­wei­sen­den Schritt im Nien­dor­fer Hafen mit zu erleben.

Eine viel versprechende Baustelle: Das Hafen-Informationszentrum soll ein interessanter Treffpunkt werden_____Zimmermann Wolfgang Hargus startet das Richtfest mit einem traditionellen Spruch_____Mit feinen Fisch-Häppchen und Getränken wird das Novum im Hafen gefeiert

Dabei war das gut besuch­te Richt­fest am neu­en Hafen­in­for­ma­ti­ons­zen­trum nur der ers­te Schritt auf dem Weg zur Ver­wirk­li­chung des Kon­zepts „Erleb­nis­park Fische­rei­ha­fen Niendorf/Ostsee“, das vom Arbeits­kreis Fische­rei der Aktiv Regi­on und der Gemein­de gemein­sam erstellt wur­de, wobei der Tim­men­dor­fer Chro­nist Hei­ner Her­de zahl­rei­che Ideen ein­ge­bracht hat. Dass die pro­gres­si­ve Pla­nung, bei der man auf die Unter­stüt­zung durch För­der­gel­der aus dem Euro­päi­schen Fische­rei­fonds setzt, den ursprüng­li­chen Hafen weit­ge­hend ver­än­dern wird, wur­de dabei bewusst in Kauf genom­men. „In 20 Jah­ren wirst Du mehr ent­täuscht sein über die Din­ge, die du nicht getan hast als über die Din­ge, die du getan hast“, zitier­te Anja Evers den Schrift­stel­ler Mark Twa­in. „Also löse die Kno­ten, lau­fe aus dem siche­ren Hafen. Erfas­se die Pas­sat­win­de mit dei­nen Segeln. Erfor­sche, träume!“

Wie die Ortsprominenz bei der Premiere werden auch die späteren Besucher durch Bullaugen über den Niendorfer Hafen blicken_____Die idyllische Szenerie macht den Niendorfer Hafen zum beliebtem Ausflugsziel_____"Eight to the Bar" aus Hamburg sorgte für schwungvollen Sound

Die Kno­ten sind schon längst gelöst im klei­nen Nien­dor­fer Hafen. Von der Idyl­le mit den düm­peln­den bun­ten Kut­tern und wind­schie­fen Fischer­bu­den ist wenig geblie­ben, seit man im Jah­re 2005 im Rah­men der Küs­ten­schutz-Maß­nah­men mit der ers­ten grund­le­gen­den Ver­än­de­rung begann. Über 100 Bäu­me muss­ten wei­chen. Dafür gab es Geld aus EU-Mit­teln. Und eine Bau­stel­le. Die klei­nen, wind­schie­fen Fischer­hüt­ten, in denen „Schorsch sind Dorsch“ ver­kauft hat, sind ver­schwun­den. An ihre Stel­le kamen groß­zü­gig bemes­se­ne Con­tai­ner in Rot und Blau, genormt, per­fekt und ganz schön teu­er: 20.000 Euro pro „Bude“, für einen Fisch­ver­käu­fer eine stol­ze Sum­me. Dafür wur­de die Pro­me­na­de begra­digt, gepflas­tert, taug­lich gemacht für teu­re Schu­he. Eine Brü­cke am Hafen­ein­gang wur­de mit geschmie­de­tem Eisen­ge­län­der ver­ziert; von außen schaut man durch eine Glas­schei­be auf die bun­te Sze­ne­rie, in der sich immer mehr stol­ze Segel­yach­ten vor die klei­nen Kut­ter drän­gen. Nost­al­gi­ker erin­nern sich noch an frü­her, als über­all ein paar Net­ze her­um­la­gen, als Hob­by­fo­to­gra­fen die „pit­to­res­ken“ Bil­der ein­fin­gen, als hier die But­ter­fahr­ten star­te­ten, raus aufs Meer. „Damals gab es noch gro­ße Makre­len­schwär­me“, erin­nert sich Ingo Gae­de­chens. „Das ist vor­bei. Wir wol­len aber den Geist der Fische­rei erhal­ten. Wenn es ein Prä­di­kat gibt, dann ver­dient es der Nien­dor­fer Hafen: Er ist der schöns­te an der Küste.“

Die bunten Fischkutter prägen noch immer das Bild im Hafen_____Sonnig, idyllisch schön: Wohlfühl-Atmosphäre auf dem Hafen-Gelände_____Und es gibt auch noch urige Ecken: Hier der "Fischer-Wagen", ein Original

Den Nost­al­gi­kern ist aller­dings wenig geblie­ben in der schö­nen neu­en Welt im Hafen. Wäre da nicht ein Fischer, der reni­tent sei­nen ollen Wohn­wa­gen auf die Wie­se stellt, genau neben die genorm­ten Fische­rei­häu­ser für jed­we­des Zube­hör, der davor ein­fach ein Netz aus­legt und damit das begehr­tes­te Foto­mo­tiv der „Neu­zeit“ lie­fert. „An den Fischer­hüt­ten, die damals von Foto­gra­fen gera­de­zu bela­gert wur­den, gehen sie heu­te ein­fach vor­bei“, sagt der Maler Rein­hold Lie­be, der hier im Hafen eine klei­ne Gale­rie betreibt. „Das ist scha­de. Frü­her blie­ben hier mehr Leu­te ste­hen, haben dann auch gern mei­ne Hafen­bil­der bewun­dert. Heu­te geht die Pas­sa­ge durch den Fische­rei­ha­fen viel zu schnell.“

Von sei­ner Gale­rie aus blickt man direkt in die Bull­au­gen des neu­en Hafen­zen­trums. Rund 500.000 Euro soll das schiffs­för­mi­ge Gebäu­de kos­ten; knapp die Hälf­te der Sum­me soll aus För­der­gel­dern bezahlt wer­den. Hier kön­nen die Gäs­te erfah­ren, wo und wie Dorsch, Hering, Stein­butt, Schol­le und Co. gefan­gen wer­den, bevor sie direkt im Hafen einen der fang­fri­schen Fische aus dem Con­tai­ner kau­fen. Sie kön­nen sich über die Geschich­te des Hafens, der Fische­rei und der Ost­see infor­mie­ren oder in einem mul­ti­funk­tio­na­len Raum an Prä­sen­ta­tio­nen des Fische­rei­we­sens teil­neh­men. Und sie kön­nen „auf der neu­en Dach­ter­ras­se träu­men, wenn sie die ein- und aus­lau­fen­den Schif­fe beob­ach­ten“ - wenn alles klappt schon Ende Sep­tem­ber, dann soll das neue Hafen­zen­trum voll­endet sein.