Er ist schon lange ein Objekt der Begierde: der „Mückenwald“ in Niendorf liegt nah am Strand und in einem von Zweitwohnungen geprägten Ortsabschnitt. Nun liegen für die Teilrodung und Umwandlung neue Pläne vor. Auf dem Gelände zwischen Strandallee und B 76 soll ein „hochwertiges und authentisches Beherbergungskonzept“ umgesetzt werden.
Laut Konzeptentwurf der Firma „Projekt M GmbH“, den die Eigentümer des Geländes in Auftrag gegeben hatten, könnte auf dem 70.000 Quadratmeter großen Waldgelände ein „Bio-Vital Dorf“ mit Übernachtungsmöglichkeiten für 200 bis 250 Gäste gebaut werden, wobei sich die Gebäude „auf natürliche Weise“ in die Umgebung integrieren sollen. Zum Dorf sollen eine Health-Lounge sowie Gesundheits- und Walderlebnisstationen gehören, ein offenes Gastronomiekonzept sowie ein Seminarzentrum und eine Markthalle mit kleinen Läden mit Schwerpunkt auf Naturprodukten.
Dieses Konzept, so erklärten die kreativen Köpfe von „Projekt M GmbH“, könnte entweder als Bio-Vital Hotel im Drei- oder Vier-Sterne-Segment umgesetzt werden (mit 100 bis 120 Zimmern und bis zu 200 Betten) oder aber als Ansammlung von Gebäuden mit Dorfcharakter als „Bio-Vital Dorf“ mit 120 Zimmern und 60 Lodges (Wohnungen) mit 360 Betten. Das geschätzte Investitionsvolumen liegt je nach Variante zwischen 16 und 22 Millionen Euro, wobei man den Investor noch finden muss.
Das „Naturerlebnis“ als Urlaubsmittelpunkt: eine Idee, die bei den gespannt lauschenden Gästen und Mitgliedern beim Tourismusausschuss am 13. Januar grundsätzlich gut ankam.
Nur einigen kritischen Geistern fiel auf, dass es in Timmendorfer Strand schon einmal eine ähnliche Situation gegeben hat, die sich dann ganz anders entwickeln sollte als ursprünglich konzipiert. Hier handelt es sich um das einst so viel umjubelte Projekt „Ayurveda-Hotel“ an der Strandallee, welches anno 2004 auf dem Grundstück der Ruine vom „Haus am Meer“ gebaut werden sollte. Für diese so zukunftsweisende Idee wurde dann auch der B-Plan geändert, um den „Gesundheitstourismus“ anzukurbeln, damit Timmendorfer Strand „nicht den Anschluss verliert“. Bis dato sah der B-Plan in dieser Region an der Timmendorfer Strandallee ausschließlich Hotels vor; um den Investoren entgegenzukommen, wurde hier eine Änderung eingerichtet, die es auch möglich machte, hier „Ferienwohnungen“ zu bauen. Kaum war diese Änderung vollzogen, waren die beiden „Investoren“ - ein Steuerberater aus Buchholz und ein Campingplatzbetreiber aus Grömitz - auch schon spurlos verschwunden. Es wurde also nichts aus dem Millionenprojekt „Ayurveda-Hotel“. Statt dessen war das freigegebene Grundstück dann zügig mit einem Gebäudekomplex aus 24 Wohnungen bebaut. Im Umfeld entstand eine typische „Rolladensiedlung“ - eine Entwicklung, die man so nicht gewollt, aber durch Fehlentscheidungen doch geerntet hatte. Glücklich waren damit nur die Grundstückseigentümer im so genannten „B-Plan 4“: sie hatten ein gutes Geschäft gemacht. Von der Änderung des Flächennutzungsplans profitieren die Anlieger heute noch. So wird zum Beispiel in unmittelbarer Nachbarschaft zum „Mückenwald“ gerade ein großer Trakt des ehemaligen „Hotel Princess“ in 35 Eigentumswohnungen umgewandelt. Auch ein Teil des nahe gelegenen Yachtclub-Hotels wurde zu Wohnungen umgebaut. Für das strandnahe „Germania Hotel“ hat sich bislang kein Investor gemeldet, der dort einen Hotelneubau wagen möchte. Warum sollte er auch? Nachdem es möglich geworden ist, an gleicher Stelle Eigentumswohnungen zu errichten und bei den heute optimalen Immobilienpreisen zum Kauf anzubieten, wird sich kaum jemand finden lassen, der an gleicher Stelle einen Hotelneubau umsetzt. Dies gilt sicher auch für den Wald zwischen B 76 und einer Strandstraßenkurve im Randbereich zwischen Niendorf und Timmendorfer Strand. Hier, so meinen Kritiker, würden nur wieder Wohnungen entstehen, sobald der B-Plan entsprechend geändert ist. Die Idee wurde auf jeden Fall schon mal auf den Weg gebracht: Der Tourismusausschuss hat eine Empfehlung für den Bauausschuss ausgesprochen, einen entsprechenden Aufstellungsbeschluss zu fassen, damit der Flächennutzungsplan geändert wird. Danach würde die Änderung des Waldgebiets von verschiedenen Behörden und Institutionen geprüft. Naturfreunde bleiben besorgt: Das „Bio-Vital Dorf“ könnte letztendlich auch nur eine verwirrende Fata Morgana sein.