Vor genau zwei Jahren stand sie schon einmal im Fokus der Gemeinde Timmendorfer Strand: die Trinkkurhalle. Das denkmalgeschützte Gebäude, weitgehend für Kultur genutzt, sollte in einen gastronomischen Betrieb verwandelt werden. So jedenfalls will es die TSNT, Timmendorfs Tourismus GmbH. Eine Bürgerinitiative versuchte, das traditionelle Gebäude, in dem auch Neujahrsempfänge und Bürgerversammlungen stattfinden, für die Allgemeinheit zu retten.
„Sind Sie für den Erhalt der kulturellen Nutzung der Trinkkurhalle für die Allgemeinheit ohne gastronomische Nutzung?“ lautete die Frage eines Bürgerentscheids, der letztlich zugunsten der Gastronomie-Fans ausging. Jetzt sollen Taten folgen. Aber noch immer gibt es Gegenwind. Ulrich Hermann (FDP) und Mitbegründer der Bürgerinitiative „Rettet den Neuen Kurpark“ hat die Argumente pro Kultur, kontra Kneipe, zusammengefasst:
Kultur raus, Gastronomie rein: der Geschäftsführer der TSNT, Joachim Nitz, macht Tempo. Die Kunstgalerie, die sich in der Trinkkurhalle befindet, soll Platz machen für den Betreiber eines gastronomischen Betriebes. Laut Unterlagen des Tourismusausschusses soll der zukünftige Mieter Umbauten von bis zu 800.000 Euro für Küche, Lager, Abzug und Personalräume selbst vornehmen. Obwohl bisher weder ein Gespräch mit der Denkmalschutzbehörde stattgefunden hat, geschweige denn eine schriftliche Stellungnahme der Behörde vorliegt, prescht der Geschäftsführer der TSNT vor und fordert die zeitnahe Ausschreibung des Gebäudes. Die Bürgerinitiative „Rettet den Neuen Kurpark“ hält die Errichtung einer Voll-Gastronomie in der Trinkkurhalle mit den entsprechenden Umbauten sowie den geplanten großflächigen Außenterrassen für unvereinbar mit dem Denkmalschutz. Das Gebäude ist ein eingetragenes Baudenkmal und darf nicht durch Anbauten oder sichtbare Umbauten verändert werden. Es ist nicht für einen Gastronomie-Betrieb gebaut und auch nicht dafür geeignet. Die Bürgerinitiative wird sich weiterhin für den Erhalt der kulturellen Nutzung der Trinkkurhalle einsetzen. Das gesamte Gebäude soll wie bisher für Konzerte, Versammlungen, Kunstausstellungen und weitere kulturelle Ereignisse genutzt werden und für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Das gastronomische Angebot im Zentrum ist vielfältig und bietet ausreichende Kapazitäten. Die einseitige Ausrichtung des touristischen Angebots auf Schlemmen und Shoppen wird den Bedürfnissen der Urlauber nicht gerecht. Der Besuch einer Kunstausstellung oder eines Konzertes in diesem einzigartigen Gebäude macht unseren Gästen und auch den Einwohnern Freude. Es ist bedauerlich, dass die Mitglieder des Tourismusausschusses den Wert des einzigartigen Baudenkmals nicht zu schätzen wissen. Offenbar wird dort die Meinung vertreten, dass es vollkommen reicht, den Urlaubern Schlemmen, Shoppen und Events anzubieten. Das Bedürfnis der Menschen nach Kunst und Kultur wird hier einfach ignoriert. Ein Alleinstellungsmerkmal unserer Gemeinde ist das freie Zentrum mit dem Strandpark. Ein Image lautet: „Ostseeheilbäder im Grünen“. Der öffentliche Raum ist der Teil der Gemeindefläche, der für alle Anwohner zugänglich ist und von der Gemeinde unterhalten wird. Die Funktionen des öffentlichen Raumes sind verbindende (Straßen), wirtschaftliche (Fußgängerzonen, Marktplätze), er dient aber auch zur Erholung (Parks) und verfügt über eine eigene Erlebnisqualität. |
Die Trinkkurhalle erinnert an die Zeit, als Timmendorfer Strand erstmals als Ostseebad erwähnt wurde. Das war 1951, und die Kur war in Mode - mit Meerwasser und Klönschnack im Treffpunkt Rotunde, dem Rundbau der Halle im 50er Look. 1989 stellte man das unverwechselbare Gebäude vorsorglich unter Denkmalschutz. Die Außenansicht prägt das Bild des „neuen“ Kurparks zwischen Strandpromenade und Shoppingmeile; innen entdeckt der Besucher die außergewöhnliche Galerie der Künstlerin Anja Es, die selbst mit Performances für kulturelle Unterhaltung sorgt. Hier finden Schauspiel, Lesungen und Konzerte statt, und hier trifft sich die Gemeinde zu Empfängen und Versammlungen. Beim Bürgerentscheid für oder gegen den Erhalt des Kultur-Treffpunkts verloren die Befürworter knapp; die Anhänger der Gastronomie-Idee haben gewonnen. Aber noch ist nicht alles verloren: das Amt für Denkmalpflege hat die Neuplanung noch nicht abgesegnet. Alles wartet gespannt auf die Entscheidung über das weitere Schicksal eines Timmendorfer Denkmals.