Freude und Trauer lagen nah beieinander bei der jüngsten Sitzung der Gemeindevertretung von Timmendorfer Strand. Bis auf den letzten Platz besetzt war der Saal am Donnerstag, den 14. Juni, im Niendorfer Haus des Gastes, als die Gemeinde gleich zu Beginn mit einer Schweigeminute Abschied nahm von ihrem verstorbenen Bürgermeister Volker Popp. Pastor Thomas Vogel hatte zuvor mit einer ergreifenden Rede an die letzten Tage des bekannten und beliebten Wegbereiters eines modernen, konkurrenzfähigen Urlaubsortes erinnert. Und er erwähnte dabei auch, dass Volker Popp das derzeit meistdiskutierte Ereignis in Timmendorfer Strand wohlwollend kommentiert hatte: „Das ist gut so“, soll er gesagt haben, als er von der Wahl der ersten Bürgermeisterin in der Geschichte der Gemeinde erfuhr. Hatice Kara, 32-jährige Juristin aus Rendsburg, hat mit Freundlichkeit, Fleiß und 1800 persönlichen Gesprächen die Herzen der Timmendorfer erobert und mit mehr als 60% der Stimmen ein überzeugendes Wahlergebnis erzielt. Zum Abschluss der Sitzung am 14. Juni wurde sie als Bügermeisterin vereidigt.
„Ich kannte diesen Ort schon vorher“, erzählte Andreas Breitner, der frisch gewählte Innenminister von Schleswig-Holstein, als er Timmendorfs neuer Bürgermeisterin feierlich ihre Ernennungsurkunde übergab. „Hier bin ich als Wahlkampfhelfer für Hatice Kara mit einem VW-Bus herumgefahren und habe 3000 Brötchen verteilt, die an die Bürger verschenkt wurden“. Das war zu Zeiten, als in Schleswig-Holstein noch die CDU-FDP-Koalistion regierte. Vieles hat sich seither grundlegend geändert, aber nicht nur zum Vorteil der Gemeinden an der Ostseeküste. So galt auch einer der wichtigsten Tagesordnungspunkte einer Neuerung seitens der frisch gewählten Schleswig-Holsteinischen Regierung: die so genannte Bäderregelung, die es Geschäften erlaubt, auch an Sonntagen zu öffnen, sollte so geändert werden, dass nur noch wenige Wochenenden „verkaufsoffen“ bleiben. „Die Gemeindevertretung beschließt, die Bürgermeisterin zu beauftragen, sich für die Fortführung der bestehenden bewährten Bäderregelung über das Jahr 2012 hinaus in Abstimmung mit ihren Amtskollegen in den touristischen Bäderorten an der Nord- und Ostsee bei der Landesregierung einzusetzen“ lautete ein Antrag der CDU-Fraktion, der mehrheitlich akzeptiert wurde. Eine Anregung der WUB befasst sich mit dem nächsten herausragenden „Fall“, den es umgehend zu bearbeiten gilt: Die Rücknahme der für die so genannte Hinterlandanbindung zugesagten Landesmittel in Höhe von 60 Millionen durch die neue Landesregierung. „Dem sollte umgehend widersprochen werden“, lautete der Auftrag, worauf SPD-Mitglied Peter Ninnemann sich zu Wort meldete und erklärte, die 60 Millionen hätten ohnehin niemals ausgereicht, um nach Fertigstellung der Fehmarnbeltquerung eine Alternativ-Bahnstrecke zum Beispiel entlang der Autobahn zu erstellen. Die Gefahr, dass sich der Bund für die billigste und nicht die umweltverträglichste Trasse entscheidet, sei mit oder ohne Landesmittel kaum zu umgehen.
Beide Themen werden zweifellos die erste große Herausforderung sein für Hatice Kara, die sich zunächst einmal in ihr neues Amt einarbeiten muss. „Das starke Echo in vielen Glückwünschen, Briefen und Mails zeigt mir, dass die Bürger von mir eine besondere Leistung erwarten“, sagte sie in ihrer Rede anlässlich ihrer Vereidigung. Und sie erinnerte daran, dass der verstorbene Bürgermeister Volker Popp mit seiner erfolgreichen Arbeit „große Fußstapfen“ hinterlässt, „die von mir nur schwer auszufüllen sein werden. Aber ich bin mir sicher, der Mensch - so auch ich - wächst an seinen Aufgaben, und die Zukunft wird uns sicher auf neue Wege führen.“
Am 1. Juli tritt Hatice Kara ihr neues Amt im Timmendorfer Rathaus an. „Wie mir in vielen Gesprächen immer wieder bestätigt wurde, ist unsere Verwaltung leistungsfähig und hoch motiviert, kompetent geführt und daher für ihre Aufgaben gut aufgestellt. Mir ist bewusst, dass ich als Bürgermeisterin diese Verwaltung leiten werde und daher für ihr Handeln die politische und dienstrechtliche Verantwortung trage. Aber um es klar abzugrenzen: ich bin keine Büroleiterin. Die Organisation der Verwaltung liegt in den bewährten Händen unseres Hauptamtsleiters Martin Scheel.“
Die Sympathie ihrer künftigen Mitarbeiter in der Verwaltung ist Hatice Kara ebenso sicher wie die Sympathie aller Bürger, die sie gewählt und von Anfang an unterstützt haben. Dass es auch eine andere Gruppe gibt, ist den Timmendorfern bekannt. Sie werden ihre neue Bürgermeisterin darin unterstützen, negativen Strömungen zu widerstehen und mit ihrer Amtszeit von Anfang an ein Zeichen zu setzen, als kompetente und optimistische „Bürger-Bürgermeisterin“ und engagierte Verfechterin des „Wir-Gefühls“ in Timmendorfer Strand.
Fotos: René Kleinschmidt