Wie ein imposantes Gerippe ragt es in den sonnigen Herbst-Himmel, gekrönt von einem Richtkranz, gesäumt von Menschen, die freundlich gucken. „Teehaus-Richtfest auf der Seeschlösschen-Brücke“ lautete das Motto am Freitag, den 8. November, und bildete den Abschluss monatelanger Querelen um das vieldiskutierte Projekt. Letztlich hat Investor und Asien-Fan Jürgen Hunke seine Pläne durchgesetzt und beglückt das vielseitige Ostseebad mit noch mehr kosmopolitischem Flair.
„Frohsinn und Eintracht und Seelenfrieden seien immer des Hauses Bewohnern beschieden“: wie ein eindringlicher Appell klang der Richtspruch von Wolfgang Hargus (Holzbau Hargus) angesichts der langen „Teehaus“-Geschichte. Unterstützt vom verstorbenen Bürgermeister Volker Popp, hatte der Hamburger Unternehmer Jürgen Hunke eine Idee auf den Weg gebracht, die in Timmendorfer Strand für einigen Wirbel sorgte: Ein asiatisches Teehaus auf der Seeschlösschen-Brücke - das war so ausgefallen, dass sich einige Bürger empört zu Wort meldeten. Schließlich kam es 2010 zum Bürgerentscheid, der mehrheitlich zugunsten der „Teehaus-Brücke“ ausfiel. Also baute die Gemeinde eine Brücke mit entsprechender Plattform am Kopfende - aber diese Stelle blieb erst einmal leer, weil etliche Querelen rund um Konzepte und Zuständigkeiten zum Stopp führten und die Verwirklichung der kosmopolitischen Idee in weite Ferne rückten. Schließlich kam es doch zur Einigung und zum Bau des Teehauses, um das sich nun alle - Gemeinde und Investor - einträchtig versammelt hatten.
An die „lange Odyssee“ erinnerte Bürgermeisterin Hatice Kara, indem sie das gleichnamige Epos des griechischen Dichters Homer zitierte, das allerdings von einer Insel voller einäugiger Riesen kündet und von den bedrohten Gefährten des Odysseus, die von den Ungeheuern verspeist werden sollten. „Zum Glück haben wir heute keine einäugigen Riesen, und auf der Speisekarte stehen auch nicht der König von Ithaka und seine Gefährten, sondern die Köstlichkeiten vom Hotel Friedrichsruh“, scherzte Timmendorfs Bürgermeisterin. Das Projekt habe „die Gemüter in unserer Gemeinde bewegt“, aber das höchste Gremium der Gemeinde habe mehrheitlich und demokratisch einen Beschluss gefasst, der das Teehaus-Projekt nun doch auf den Weg gebracht hat. „Mit dem heutigen Richtfest schaffen wir auf der Seeschlösschenbrücke einen attraktiven Ort der Begegnung, an dem man sich trifft und gern lange aufhält. Wir bieten Flair und Ambiente, um die Verweildauer in unserer Gemeinde zu erhöhen und die Menschen zu Verbleiben einzuladen. Kein anderer Ort in der ganzen Lübecker Bucht kann so ein Ambiente bieten. Das Teehaus ist einzigartig und gibt unserer Gemeinde touristisch gesehen einen unbezahlbaren Wiedererkennungswert. Wir schaffen einen weiteren Anziehungspunkt.“
Zufrieden äußerte sich auch Jürgen Hunke, der rund 1 Million Euro in das Teehaus investiert. „Timmendorfer Strand liegt mir besonders am Herzen, und hier wird etwas Einzigartiges geschaffen“, freut sich der Hamburger mit vielbewundertem Zweitwohnsitz im Asia-Look an der Timmendorfer Promenade. Nach dem Tod des Teehaus-Befürworters Volker Popp im vergangenen Jahr hatte er es schwer, seine Idee durchzusetzen. Vertrags-Streitigkeiten und nicht zuletzt die Frage nach der Verwendung des Hauses am präsenten Ort hatten fast zum endgültigen Bruch zwischen Ideengeber und Gemeinde geführt, hätte man nicht in letzter Minute doch noch einen Kompromiss gefunden. Der sieht so aus, dass dieses Teehaus nicht allein ein „Ort der Harmonie und der Stille“ sein wird, wie es Jürgen Hunke wünschte, sondern dass auch dort eine florierende Gastronomie einziehen soll. Ein Betreiber wurde bereits gefunden. „Ich freue mich schon auf den Moment, wenn das weiße Teehaus zum ersten Mal im Licht über dem Wasser erstrahlt“, sagt Jürgen Hunke mit einem Lächeln - und er hat damit den zahlreichen Teehaus-Befürwortern aus der Seele gesprochen.
Die außergewöhnliche Architektur - laut Architekt Andreas Schuberth „eine komplexe Konstruktion aus verschnittenen Elipsoiden, die einst komplett am Rechner entstanden ist“ - wird weit über Timmendorfer Strand hinaus Aufmerksamkeit erregen und so manchen Interessierten begeistern. Trotz einiger Komplikationen kommt der Bau gut voran. So dürfen sich die Timmendorfer und alle Asien-Fans auf die Einweihung freuen: im Juni 2014 soll das schneeweiße Haus über dem Meer fertig sein.