Sonniges Wetter, fröhliche Gäste, Sekt und Säfte und ein köstliches Buffet… Ein schönes, entspanntes Bild an einem schönen Sonnabend in Klingberg. „Die Kleine Waldschänke“ hat Geburtstag“, lautete das Motto - und alle kamen, die dabei waren, als die kleine Kulturstätte in idyllischem Rahmen vor dem Abriss gerettet wurde. Gemeinsam hat man es geschafft, jenen Gemeindevertretern die Stirn zu bieten, die eine „Straßenerweiterung“ für sinnvoller hielten als den Erhalt des historischen Häuschens. Sie haben es geschafft: Vor nunmehr 25 Jahren wurde der Kulturverein gegründet, der das Haus erwarb und seitdem mit interessanten Ausstellungen und Aktionen ein wichtiger Teil des Scharbeutzer Kulturangebots geworden ist.
Peter Kappel, Sprecher der Kulturvereins und früher SPD-Abgeordneter, erinnert sich gut an die harten Kämpfe in den 1980-er Jahren. Der Plan der Gemeinde war, eine durchgehende Straßenverbindung zwischen Gronenberg und Gleschendorf zu schaffen und zu diesem Zweck die Seestraße zu erweitern. Dabei wäre das reetgedeckte Häuschen der Abrissbirne zum Opfer gefallen. Was in Scharbeutz nicht unbedingt als möglicher Schaden registriert wurde, brachte die Klingberger auf die Palme. „Zu Zeiten von Bürgermeister Ehrke gab es immer wieder erheblichen Widerstand gegen den geplanten Bau“, erzählt Peter Kappel. Gemeinsam mit seinem Fraktionskollegen Karl-Heinz Domjahn aus Sarkwitz stellte er 1986 den Antrag, das Haus nicht abreißen zu lassen. Es gab dann gewaltige Diskussionen in den Gremien und ein beachtliches Echo in der Presse. Schließlich schafften es die „Retter“, nach Gründung eines Fördervereins eine Kaufabsicht in die Gremien zu bringen und nach einigem Hin und Her auch durchzusetzen. Für 49.200 D-Mark erwarb der Kultur-und Förderverein Kleine Waldchänke im Jahr 1987 das 243 Quadratmeter große Grundstück mit dem etwa 50 Quadratmeter großen Häuschen, das so viel Platz bietet für Klingberger Kultur und Klingberger Geschichte.
Hier, so steht es in der Klingberg-Chronik von Kulturverein-Mitgründerin Gertrud Kummer, stand einmal ein Schweinestall. Er gehörte zum Klingberg-Bauernhof, bis Paul Zimmermann, der Klingbergs Kultur prägte, ihn 1925 zu einer schönen, hellen Lesehalle umwandelte. Später war dort ein kleiner Drogeriemarkt, und ein Schuster fertigte an gleicher Stelle Naturschuhe nach Maß. „Das Reetdachhäuschen gehörte zum Urlaub in Klingberg, gehörte zur Idylle der alten großen Waldschänke am Rande des Buchenwaldes und des Pönitzer Sees. Als die alte Waldschänke 1962 abbrannte, soll einer der Zuschauer gesagt haben: Lot dat ole Dings doch glieks mit afbrennen.“ Aber das Häuschen behauptete sich, und auch später schieden sich an ihm die Geister. Während die intellektuell geprägten Einwohner in Zimmermanns Geist handeln und Tradition erhalten wollten, suchten die „Pragmatiker“ immer wieder nach Möglichkeiten, dem Stückchen Kultur den Garaus zu machen. Eng wurde es, als die Gemeinde das Haus kaufte - in der Absicht, die Einmündung der Seestraße in die Uhlenflucht zu verbreitern und übersichtlicher zu machen. Bernd Deible von der Umweltgruppe war durch Zufall darauf aufmerksam geworden. „Ich kam vorbei und sah, wie man an der Straßeneinmündung mit Messarbeiten beschäftigt war“, erzählte er beim Jubiläumsempfang. „Als ich nachfragte, erklärten mir die Arbeiter den Grund.“
Er war entsetzt, ebenso wie viele andere „alte Klingberger“, die mit großem Engagement für die Kleine Waldschänke kämpften. „Es ist Bürgermeister Ehrke zu danken, dass er den Beschluss zum Abriss nicht unverzüglich ausführte“, erinnert sich Gertrud Kummer, „sondern während dieser Zeit die Verhandlungen mit der Bürgerinitiative abwartete.“ Schließlich ließ sich die unter Druck gesetzte Gemeindevertretung auf Verhandlungen ein, nachdem sich abgezeichnet hatte, dass genügend Bürger bereit waren, durch ihre Spenden das Geld für den Kauf durch den Förderverein aufzubringen. Zu Vorstandsmitgliedern des Vereins wurden Gerd Mehlop, Gertrud Kummer, Bernd Deible, Wolfgang Marlie und Horst Vollstedt gewählt. Am 2. Mai 1987 wurde der Kaufvertrag beurkundet. Rudolg Boller, damals frisch gewählter neuer Bürgermeister der Gemeinde, übergab das Haus Anfang Juni 1987 dem Verein,
Der machte sich sofort an die umfangreichen Restaurierungs-Arbeiten. Das Reetdach wurde erneuert, der Innenraum renoviert. Viele Hobby-Handwerker im Förderverein machten persönlich mit, als es um die Verschönerung ihrer Begegnungsstätte ging. Rund 100.000 D-Mark wurden noch einmal in Form von Eigenleistungen investiert. Das große Engagement ist geblieben, und die „Kleine Waldschänke“ glänzt heute als Kulturstätte mit Stil und guten Ideen. Und sie kann sich sehen lassen: Idyllisch am Wald gelegen, mit schönen Sprossenfenstern und dem urigen Reetdach, ist sie wohl eine der attraktivsten Begegnungsstätten der Region. Hier gibt es Veranstaltungen der Volkshochschule, Ausstellungen heimischer Künstler und Kunsthandwerker, literarische und musikalische Veranstaltungen und Vorträge u.a. zum Umweltschutz. Und hier gibt es ein Gemeinschaftsgefühl, das man so schnell nicht wieder findet. Bei der „Geburtstagsparty“ waren wieder alle dabei, denen es möglich war, teilzunehmen - und Peter Kappel hatte mit einer bemerkenswerten Dia-Show einen Rückblick vorbereitet auf die Geschichte der „Kleinen Waldschänke“,der Kulturstätte, die einst ein Schweinestall war.