Eine ganze Weile blieb es ruhig. Das Thema „Feste Fehmarnbeltquerung“ (FFBQ) war auf dem Stand, eine Alternativ-Bahntrasse weit entfernt von den Badeorten zu schaffen, die um Urlaubsruhe und Gäste fürchten. Denn über die „Hinterlandanbindung“ soll eine stattliche Anzahl lärmender Güterzüge rasen, die womöglich auch Gefahrgut transportieren könnten. Nun ist alles wieder ganz anders. Die Deutsche Bahn gibt zu, dass sie die neue Trasse nicht zum Zeitpunkt der FFBQ-Tunnelöffnung fertigstellen kann. Es müsste also „zunächst“ die Bestandstrasse durch die Ostseebäder genutzt werden. Die 1250 Mitglieder der Bürgerinitiativen gegen den Güterbahnverkehr durch die Badeorte der Lübecker Bucht sind jetzt wieder hellwach. Mit einer Demonstration am 21. März in Haffkrug wollen sie sich gegen das zunehmend belastende Projekt „Feste Fehmarnbeltquerung“ wehren.
Unter dem Motto „Enthüllen, entzaubern, entsorgen“ veranstalten die „Allianz gegen eine Feste Fehmarnbeltquerung“, die Bürgerinitiative „Ratekau wehrt sich“ und die Haffkruger Bürgerinitiative auf dem Haffkruger Seebrückenvorplatz eine Informations- und Protestveranstaltung für jene Bürger, die von dem Projekt betroffen sind. Und das sind an der Lübecker Bucht so gut wie alle Einwohner: die Region lebt vom Tourismus, der durch die FFBQ wohl kaum jenen Aufschwung erfahren wird, den die dänischen Projektleiter immer wieder propagieren. Die Mitglieder der Bürgerinitiative wollen den Protest-Tag nutzen, um mit den falschen Versprechungen aufzuräumen. Der Tunnel, so betonen sie, werde weder die Immobilienpreise erhöhen noch Urlauber anziehen oder neue Arbeitsplätze schaffen.
Und er wird, so meinen Kenner der Fakten und Zahlen, weder der deutschen noch der dänischen Seite Gewinn bringen. „Da gibt es einige Berechnungen, die einfach auf falschen Tatsachen basieren“, betont die „Allianz“. So soll sich zum Beispiel laut Prognose der Firmen „Intraplan“ und „BVU“ die Anzahl der KfZ, die den Tunnel nutzen, in wenigen Jahren verdoppeln - auf über 11.000 im Jahr 2025. Diese Annahme basiert allerdings darauf, dass der Fährverkehr der Firma Scandlines auf dieser Strecke eingestellt wird. Dies ist nicht der Fall. So bleibt die Zahl 11.000 eine Utopie. Utopisch werden auch die Baukosten sein, die seit der Ausschreibung erheblich gestiegen sind. Eine Überprüfung der aktuellen Zahlen hat ergeben, dass die Methodik und die Ergebnisse des vorliegenden dänischen Gutachtens nicht plausibel sind. Dass die Dänen trotz der sich abzeichnenden Verluste an den Projekt festhalten, macht die Bewohner der Region, durch die sich die Trasse der Fehmanbeltquerung ziehen wird, nicht glücklich. Im Rahmen des Raumordnungsverfahrens sind bereits 8.300 Einwendungen gegen die Güterzugtrassen-Varianten gemacht worden. Daraufhin hatte die Landesplanung festgestellt, dass Güterzugverkehr auf der Bestandstrasse durch die Ostseebäder raumunverträglich sei. Die daraufhin vorgeschlagene Neubautrasse ist aus Sicht der Allianz ebenso raumunverträglich, da Menschen, Naturschutzgebiete, Wälder und wertvolle Ackerflächen dabei massiv beeinträchtigt würden. Gegen den Bau des Tunnels mit der Folgewirkung einer Güterzugtrasse durch Ostholstein sind 3200 Einwendungen bei der Planungsfeststellulngsbehörde in Kiel eingegangen.
Ob das Projekt FFBQ sich überhaupt rechnet, erscheint bei genauer Betrachtung äußerst fraglich. Die Kosten für den Ausbau der Fehmarnbeltachse von Kopenhagen bis Hamburg als Korridor für Güterzüge liegen zur Zeit bei über 12 Milliarden Euro. Dabei wird der kombinierte Tunnel (Straße/Schiene) zwischen Puttgarden und Rødby mit Anbindung über 8,65 Milliarden Euro verschlingen. Die deutsche Hinterlandanbindung zwischen Puttgarden und Lübeck kostet rund 1,5 Milliarden Euro (55 km Nebenstrecke) und die notwendige neue Sund-Querung 200 bis 500 Millionen Euro.
Im Staatsvertrag zur Festen Fehmarnbeltquerung wurde zwischen Deutschland und Dänemark in Artikel 22 zwar vereinbart, dass dieser Vertrag geändert oder aufgehoben werden kann, wenn es zu Kostensteigerungen kommt. Dies soll, so betonen die Verkehrsminister beider Länder, jedoch nicht geschehen. Nun hoffen die Betroffenen, dass ihre massiven Proteste doch noch ein Umdenken bewirken. Die dreistündige Veranstaltung in Haffkrug soll ein Meilenstein auf diesem Weg sein. Sie beginnt um 16.00 Uhr auf dem Seebrückenvorplatz und beinhaltet neben einigen, jeweils wenigen Minuten dauernden Ansprachen, unterhaltsame Live-Musik von der Haffkruger Gruppe „Timmerhorst“ und von Liedermacher Wolfram Eicke sowie Straßentheater und Mitmachaktionen für Erwachsene und Kinder. Die Veranstalter hoffen auf zahlreiche Teilnehmer. „Nur so können wir ein Zeichen setzen.“