Von Timmendorf nach Lübeck, von Lübeck an die Ostsee: alles kein Problem! Auch wenn draußen heftiges Schneetreiben die A1 zum gefährlichen Abenteuer macht, kommt man sicher an - mit der Bäderbahn. Seit rund hundert Jahren gibt es die Zugverbindung an der Küstenstrecke, für viele Pendler unentbehrlich, für Planer der „Festen Fehmarnbelt-Querung“ ein Störfaktor. Die Landesregierung hat bereits das „Aus“ beschlossen; aber so leicht lässt man sich in Timmendorfer Strand nicht das Heft aus der Hand nehmen. Der Kampf um die Bäderbahn geht weiter, denn „eine Stillegung wäre Wahnsinn“, betont Bürgermeister Sven Partheil-Böhnke.
Am Dienstag, den 5. November, versammelte sich eine große Runde in der winterlich-kühlen Timmendorfer Trinkkurhalle, um nach einer neuen, akzeptablen Lösung zu suchen. Die bislang vom Land favorisierte Version sieht vor, die sogenannte FFBQ- Hinterlandanbindung auf einer Aus- und Neubaustrecke teils entlang der Autobahn zu führen, wobei die Bäderbahn zwischen Ratekau und Haffkrug stillgelegt werden soll, sobald die Neubaustrecke fertig ist. Damit wären die Ostseebäder Timmendorfer Strand und Scharbeutz nicht mehr direkt mit der Eisenbahn erreichbar.
Eine Lösung für alle Fans und Profiteure der „FFBQ“, die man in den betroffenen Regionen nicht so einfach akzeptieren will. „Die Planungsstrategie der DB Netz ist rechtlich nicht haltbar und wirtschaftlich nicht nachvollziehbar. Die Neubaustrecke kann die Bäderbahn nicht ersetzen, weil ihre Stationen viel zu weit von den Bädern entfernt sind“, betont Sven Partheil-Böhnke, Bürgermeister von Timmendorfer Strand. „Die Behauptung der DB Netz, ein Erhalt der Bäderbahn würde die Planung der Neubaustrecke ernsthaft verzögern, weil sie ihre Planunterlagen ändern müsste, ist unzutreffend. Die notwendigen Anpassungen der Planunterlagen sind geringfügig und würden zu keiner ernsthaften Verzögerung führen.“
Ganz im Gegenteil: „Eine Planung der Neubaustrecke ohne die Anbindung an die bestehende Bäderbahn ist unzulässig, solange das Eisenbahn-Bundesamt die Stilllegung nicht genehmigt hat. Die Voraussetzungen einer solchen Genehmigung liegen aber nicht vor. Die Bäderbahn erfüllt mit ca. 1,2 Mio. Fahrgästen pro Jahr eine wichtige Funktion im Schienenverkehr. Diese Funktion kann die Neubaustrecke nicht ersetzen. Auch deshalb gibt es konkretes Interesse Dritter daran, den Betrieb der Bäderbahn von der DB Netz zu übernehmen. Dieser Dritte hat grundsätzlich einen Anspruch auf Übernahme. Unter diesen Umständen kann eine Stilllegung der Bäderbahn nicht genehmigt werden“, betont der Hamburger Jurist Prof. Dr. Ulrich Ramsauer. Da mit der Norddeutschen Eisenbahngesellschaft (NEG) ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) mit seriösem Übernahmeinteresse vorhanden ist, wäre eine zustimmende Entscheidung des Eisenbahn-Bundesamtes über einen Antrag auf Stilllegung der Bäderbahn nicht zu erwarten.
Auch die Hansestadt Lübeck hat ein großes Interesse daran, dass die Fahrgastzahlen im Sinne der Verkehrswende steigen. Seit längerer Zeit fordert man beim Land die Umsetzung einer Regio-S-Bahn Lübeck ein, die sternförmig auf allen von Lübeck ausgehenden Strecken mindestens einen Halbstundentakt vorsieht. „Wir brauchen schon jetzt mehr statt weniger ÖPNV zwischen dem Oberzentrum Lübeck und der Lübecker Bucht“, erklärt Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau. „Mit einem Erhalt und Ausbau der Bäderbahn zur Regio-S-Bahn kann zusammen mit dem neuen Bahnhof Ratekau ein wichtiger Grundstein gelegt werden, um die die schon jetzt sehr hohen Fahrgastzahlen auf der Verbindung Neustadt – Timmendorfer Strand – Lübeck weiter zu steigern und damit einer Überlastung des Straßennetzes in der gesamten Region vorzubeugen.“ Eine alleinige Fokussierung auf die zeitliche Umsetzung der Hinterlandanbindung führt hier zu nachhaltigen Kollateralschäden in der Region und kann so nicht hingenommen werden, was bereits mehrfach gegenüber Land und Bund bekräftigt wurde.
In einer Presseerklärung beziehen die Gemeinde Timmendorfer Strand und die Hansestadt Lübeck jetzt juristisch unterlegt Stellung:
Diese Planung der DB Netz ist rechtlich nicht haltbar und wirtschaftlich nicht nachvollziehbar. Die Neubaustrecke kann die Bäderbahn nicht ersetzen, weil ihre Haltepunkte zu weit von den beiden Bädern (6 km von Timmendorfer Strand, 3 km von Scharbeutz) entfernt sind. Die Behauptung der DB Netz, der Erhalt der Bäderbahn würde die Planung der Neubaustrecke verzögern, weil sie ihre Planunterlagen ändern müsste, ist unzutreffend. Die notwendigen Anpassungen der Planunterlagen sind geringfügig und würden zu keiner ernsthaften Zeitverzögerung führen. Im Gegenteil:
Eine Planung der Neubaustrecke ohne die Anbindung an die bestehende Bäderbahn ist unzulässig, solange das Eisenbahn-Bundesamt die Stilllegung nicht genehmigt hat. Die Voraussetzungen einer solchen Genehmigung liegen aber nicht vor. Die Bäderbahn erfüllt mit insgesamt ca. 1,2 Mio. Fahrgästen pro Jahr eine wichtige Funktion im Schienenverkehr. Diese Funktion kann die Neubaustrecke nicht ersetzen. Von den Haltepunkten auf der Neubaustrecke wären die Bäder nur mit Bus oder Taxi erreichbar. Das ist bei einem Fahrgastaufkommen von mehr als 400.000 Fahrgästen alleine für Timmendorfer Strand auf der vorhandenen Straßeninfrastruktur nicht zu bewältigen. Auch deshalb gibt es konkretes Interesse Dritter daran, den Betrieb der Bäderbahn von der DB Netz zu übernehmen. Dieses Unternehmen hat grundsätzlich einen Anspruch auf Übernahme. Unter diesen Umständen kann eine Stilllegung der Bäderbahn nicht genehmigt werden.
Alle Betroffenen - ob Kommunen, Vereine, Unternehmen, Pendler oder Touristen - werden alles daransetzen, die Bahn und das Land noch zu überzeugen, diese langfristige und nicht nachhaltige Entscheidung zu revidieren und sich stattdessen für die Bäderbahn zu engagieren.