StrandBlick November 2023
Travemünde 49 StrandBlick November | 2023 Traditioneller geht es kaum. In diesem Jahr wird das 175-jährige Bestehen eines Bürgervereins gefeiert, der seinen Ursprung im Revolutionsjahr 1848 hat: Gemeinnütziger Verein Travemünde e.V. Anzeige Der „GVT“, wie der Traditionsverein auch gern kurz genannt wird, entwickelte sich aus einem Gesangsverein schnell zu einem Verein mit starkem sozialem Engagement. Die Oktober-Ausgabe unseres monatlich erschei- nenden Blogs haben wir dem musikalischen Zentrum an der Lübecker Bucht gewidmet, dem KULTUR GUTHASSELBURG . Diese Ausgabe wid- men wir gern unserem Bürgerverein „Gemein- nütziger Verein zu Travemünde e.V. von 1848“ , der in diesem Jahr sein 175. Jubiläum feiert. Herzlichen Glückwunsch! Das Leben zur Zeit der Gründung. 1815 wurde der französische Kaiser Napoleon end- gültig in der Schlacht von Waterloo besiegt. Die Machtverhältnisse wurden neu sortiert, der Deut- sche Bund wurde gegründet. Alle souveränen Für- sten, die freien Städte Deutschlands, der Kaiser von Österreich und der König von Preußen waren im Deutschen Bund vereint. Ebenso beteiligt war u. a. auch Dänemark, da das Gebiet Holstein da- mals vom Dänischen König in Personalunion re- giert wurde. Endlich kehrte nach den vielen Jahren der fran- zösischen Besatzung wieder Ruhe ein, denn auch Travemünde war bis 1813 von Napoleons Truppen besetzt. Es entwickelte sich eine neue Kultur, die das gesamte private Familienleben umfasste. Es entstanden die typischen gemütlichen Wohnstu- ben, wie wir sie noch heute kennen. Bürgerliche Tugenden wie Fleiß, Ehrlichkeit, Treue, Pflichtge- fühl, Bescheidenheit wurden zu allgemeinen Prin- zipien erhoben und das Zuhause wurde ein wich- tiger Rückzugsort. In der Malerei war die Landschaft das beliebteste Motiv – nicht nur Cas- par David Friedrich und William Turner schufen beeindruckende Gemälde. Man las Poesie und Novellen und das am liebsten in der Natur – wenn das Wetter mitspielte. Geselligkeit gab es in klei- nem Rahmen, wie z. B. beim Kaffeekränzchen, am Stammtisch und bei der Hausmusik. Modern und beliebt war Musik von Robert Schumann sowie Franz Schubert. Unzählige Gesangsvereine ent- standen in dieser Zeit, der sogenannten „Bieder- meierzeit“. In Travemünde wurde am 7. Januar 1843 von 23 Herren die Travemünder Liedertafel gegründet. An den Chorleiter Dr. Hermann Zippel erinnert noch heute der Dr. Zippel Park in Travemünde. Aus diesem Chor ging 1976 übrigens der bekannte „ DER PASSAT CHOR “ hervor (www.passatchor.de ). Um sich nicht nur gesanglich, sondern auch sozial zu engagieren, wurde am 28.11.1848 durch Mitglie- der der Travemünder Liedertafel der GVT gegrün- det, der damals noch „Gemeinnütziger Verein der Travemünder Liedertafel“ hieß. Im Gründungsjahr 1848 endete das gediegene Leben abrupt und damit auch die Zeitepoche der Biedermeierzeit. Der Nationalismus nahm in Europa immer weiter zu, so auch in Dänemark. Der dänische König wollte das Herzogtum Schles- wig, das bis dahin in Personalunion regiert wurde, ins dänische Königreich eingliedern und zerstörte dadurch das gute Verhältnis zwischen Deutschen und Dänen. 1848 brach deshalb die Schleswig- Holsteinische Revolution los, die jedoch aufgrund der militärischen Übermacht Dänemarks und den politischen Zwängen der europäischen Groß- mächte keine Chance hatte. Travemünde gehörte damals zwar nicht zu Holstein, sondern zur freien Stadt Lübeck, jedoch verschwand auch hier die verträumte Lebenseinstellung aufgrund der Kämpfe in der Nachbarschaft. Aber nicht nur in Holstein wurde revoltiert. In vielen Regionen Europas hatten sich soziale, wirtschaftliche und politische Spannungen aufgebaut, die sich ab An- fang 1848 gewaltsam entluden, wie z. B. in der Märzrevolution in Berlin. Nach der Gründung des GVT wurde von der Tra- vemünder Liedertafel im Jahre 1850 ebenfalls die „ Sparcasse für Travemünde und Umgegend “ gründet. Um eine unabhängigere Entwicklung der jeweiligen Aktivitäten und Vereine zu ge- währleisten, wurde 1867 die Trennung des GVT von der Travemünder Liedertafel beschlossen. Somit konnte das soziale Engagement weiter ausgebaut werden und umfasste in den kom- menden Jahren die Betreuung der Bedürftigen in Travemünde, die Versorgung von Kriegsge- fangenen und Flüchtlingen beider Weltkriege, die finanzielle Unterstützung gemeinnütziger Projekte, Veranstaltungen und Anschaffungen Travemünder Institutionen, die bis heute dem Allgemeinwohl, der Kultur und den jungen und alten Travemünder Bürgerinnen und Bürgern zu- gutekommen. „Auf der Website des GVT sind viele interessante Informationen über Travemünde zu finden“, so Mathias Walter, Inhaber von SCHAUMBURG- HOLSTEIN Immobilien | Marketing . „Sehr inter- essant ist das Portrait Travemünder Häuser“, so Mathias Walter weiter. „Auch das Gebäude un- seres Unternehmenssitzes ist hier zu finden. Amüsant, wie in der überbürokratisierten Kaiser- zeit eine unbürokratische Lösung für einen von den kaiserlichen Beamten begangenen Fehler gefunden wurde: Nach dem Abriss einer Bastion und weiterer Befestigungsanlagen wurde die Straße „Rose“ um 1900 gleichzeitig vom Süden und Norden zur Mitte hin bebaut. Während der Bebauung stellte man fest, dass man sich bei der Vergabe der Hausnummern vertan hatte und nun ein Grundstück fehlte. Anstatt die Hausnum- mern preußisch korrekt neu zuzuordnen, ent- schloss man sich, diesem Grundstück einfach eine Doppelhausnummer zu geben: 26/28.“ (www.g-v-t.de ). Und wenn auch Sie soziale Projekte fördern möchten, können Sie das ganz einfach tun, in- dem Sie – wie wir – Mitglied im GVT werden. Mehr unter www.schaumburg-holstein.de und auf Seite 7. Viermastbark Passat Dr. Balthasar Heller, Gründer und 1. Vorsitzender (Quelle: GVT) Märzrevolution 18.-19. März 1848. Barrikaden in der Breiten Straße, Berlin Travemünde
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