StrandBlick November 2022

18 StrandBlick November | 2022 Timmendorfer Strand Waldbaden in bunten Blättern: purer Genuss „Bunt sind schon die Wälder, hell die Stoppelfelder, und der Herbst beginnt…“ - Das Lied kennen die meisten von uns, und viele genießen das Erlebnis, jetzt durch buntes Laub zu wandern. Der Duft nach Kräutern, Holz und Pilzen, das Knistern der Blätter, die Vogelstimmen… dazu die frische Brise vom Meer und die Ruhe: das gibt uns Kraft und gute Laune. „Shinrin Yoku“ nennen es die Japaner, über- setzt etwa „Baden in der Waldluft“ oder kurz: Waldbaden. Die gesundheitsbewussten Asia- ten haben das Shinrin Yoku im Jahre 1982 als amtliche Anweisung eingeführt, und mittler- weile gehört es in Japan ganz offiziell zur Ge- sundheitsvorsorge. Zuvor hatte man in Stu- dien nachgewiesen, dass ein Spaziergang im Wald unser Immunsystem positiv stimuliert und so einen Schutz vor Erkrankungen bieten kann. Stress und depressive Stimmung sind jedenfalls ganz weit weg, wenn man das Eich- hörnchen bei seinem Weitsprung von Baum zu Baum beobachtet, dem leisen Knistern und Raunen der Äste lauscht oder vielleicht ein Reh auf dem Weg durchs Dickicht entdeckt. Der Wald ist eine Welt für sich, und nur we- nige kennen seine Geheimnisse. Der aus vielen Talkshows bekannte Förster Peter Wohlleben hat sie ergründet: in seinem Buch „Das geheime Leben der Bäume“ be- schreibt er, wie die Bäume miteinander kom- munizieren, wie sie Duftstoffe ausströmen, um sich zu verständigen oder zu warnen, und wie sie über Wurzelverbindungen oder mit Hilfe zwischengeschalteter Pilze, die wie Glasfaser- leitungen funktionieren, stets in direkter Ver- bindung bleiben. Vor allem die Duftstoffe sind es, die uns wäh- rend des Waldbadens erreichen und verzau- bern. Denn auch den Menschen ist der Sinn- der Düfte nicht unbekannt. Tief in unserem Unterbewusstsein gibt es noch das Verständ- nis der olfaktorischen Nachrichten, die Bu- chen, Fichten und Eichen perfekt beherrschen und uns ahnungslos eintauchen lassen in eine Flut der Aromen. Es ist also nicht allein die Magie oder die Kraft der Bäume, die unser Wohlergehen fördert. Es sind vor allem die Mikrobakterien, mit de- nen wir unweigerlich in Berührung kommen. Der reine Sauerstoff, den wir in dieser bunten Oase einatmen, tut sein Übriges: je intensiver er wirkt, desto stärker das Glücksgefühl. „Bäume haben etwas Wesentliches gelernt: nur wer einen festen Stand hat und trotzdem beweglich ist, überlebt die starken Stürme“, schrieb die Lyrikerin Magguer-Kirsche. Beispiele finden wir beim genauen Hin- schauen. Da ist der Baum am Abhang, der mit faszinierend perfektem Wurzelwerk den Abgründen trotzt. Da ist die uralte Eiche mit knorrigem Charme, die schon so viel erlebt haben muss. Vielleicht möchten Sie mit ihr sprechen oder sie umarmen. Tun Sie’s: keiner schaut zu, und es vermittelt ein gutes Gefühl. Die Stimmung im Wald mit allen fünf Sinnen genießen: das ist der Sinn des Waldbadens. Dafür sollte man sich etwas Zeit nehmen. Für einen Ganztags-Ausflug empfehlen sich vier Stunden Waldbaden und eine Distanz von rund fünf Kilometern. Steht nur ein halber Tag zur Verfügung, halbiert sich die empfohlene Dauer und Strecke. Vorschläge für Wande- rungen durch unsere Wälder finden Sie u.a. unter luebecker-bucht-ostsee.de/wandern Das muss man doch festhalten: Ein Selfie im idyllischen Herbstwald ist immer etwas Besonderes „Waldbaden“ mit der ganzen Familie - ein Genuss in bunten Blättern. Und der Hund freut sich garantiert, wenn er dabei sein darf Im Spätherbst spießen die Pilze - und sie haben eine wichtige Funktion: sie bilden eine Art „Internet“ und verbinden die Wurzeln der Bäume Eine Faszination für sich ist der Herbstwald. Die bunten Blätter sind schon optisch eine Freude; das Wandern bringt uns neuen Schwung. Foto: depositphotos.com / Monkey Business Images Foto: depositphotos.com / halfpoint

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