StrandBlick November 2020

18 StrandBlick November | 2020 Timmendorfer Strand „Luftfilter könnten die Zukunft sein“ Seit März 2019 bearbeitet der Timmendorfer Rechtsanwalt Sven Markus Kockel das Thema SARS-CoV-2. Im Gespräch mit dem Strandblick erörtert er, welche Themen derzeit die Menschen beschäftigen, was er unter ALPHA versteht und warum Luftfilter die Zukunft sein könnten. Herr Kockel, welches COVID-Rechtsproblem war das erste? Die ersten Fälle kamen aus dem Reiserecht. Die weltweite Reisewarnung erfolgte am 17. März, danach herrschte Chaos. Die Branche war überfordert, die Kunden orientierungs- los, viele stornierten und traten die Reise nicht an. Welche Möglichkeiten haben die Menschen, die nicht verreisten und trotzdem gezahlt haben? Am 11.08.2020 gab es ein Urteil des AG Frank- furt (32 C 2136/20 ). Es ist anwendbar auf viele Fälle, bei denen vor der Reisewarnung stor- niert wurde, aber auch auf Reisen, die danach stattfanden. Die Erfolgsaussichten kann nur ein Jurist bewerten. Bei angebotenen Gut- scheinen ist Vorsicht geboten. Ich akzeptiere nur übertragbare Gutscheine mit langer Gül- tigkeit und empfehle, diese dann schnell mit Abschlägen zu veräußern. Muss ich bei der Arbeit eine Altagsmaske tragen? Es gibt durch die staatlichen Verordnungen Vorgaben, wann und wo wer Masken zu tra- gen hat. Der Arbeitgeber hat diese Regeln umzusetzen. Weigerungen und auch Gefäl- ligkeitsatteste können zu Kündigungen führen. Ist die Maskenpflicht im öffentlichen Raum rechtmäßig? Zeitlich und örtlich muss die Pflicht zum Tra- gen einer Maske jedoch hinreichend be- stimmt sein. Das ist dem Kreis nicht immer gelungen, da man dort teilweise wohl die Sommerbedingungen vor Augen hatte und mitunter Öffnungszeiten im Winter verkannt hat. Ist es verboten, Familienangehörigen im Heim oder Krankenhaus zu besuchen? Sie haben grundsätzlich das Recht, Ihre An- gehörigen zu besuchen. Besuchsrechte kön- nen jedoch zum Schutz der anderen Men- schen einschränkt werden, wobei der Wesenskern des Besuchsrecht durch Ausnah- men erhalten bleiben muss. Darf man seinen nichtehelichen Partner be- suchen? Ja, es gibt kein Verbot dieser Kontakte. Der Lebenspartner kommt ebenso wie ein Fami- lienangehöriger aus privaten und nicht touri- stischen Zwecken zu Besuch. Wie sieht es mit den Corona- Soforthilfen aus, viele gehen leer aus. Was muss ich beachten? Viele Selbstständige fallen durch das Raster. Der Bedarf umfasst quasi nur Miet- und Lea- singkosten. Menschen, die keine ständigen gewerblichen Betriebskosten haben, gehen daher leer aus. Wer trotzdem beantragt hat, hat womöglich einen Subventionsbetrug be- gangen. Wie sind die neuen Corona-Nothilfen zu be- werten? Nach den Erfahrungen mit den Soforthilfen bin ich skeptisch. ImGegensatz zur Soforthilfe gehen jedoch wohl weniger Betroffene leer aus. Die Gelder müssen aber erstmal bean- tragt und bewilligt werden. Wie es sich bei- spielsweise mit einer Anrechnung trotzdem erzielter Umsätze und erneuter Kurzarbeit ver- hält, ist auch noch nicht hinreichend geklärt. Das anfängliche Soforthilfe-Versprechen weckte auch enttäuschte Erwartungen. Nun herrscht Unsicherheit und die Bundesregie- rung ist gefordert, schnell Klarheit zu schaffen, weil sonst eine Klageflut droht. Sie erwarten Klagen? Der Schutz von Leben und Gesundheit der potentiell Gefährdeten ist unbestritten über- ragend. Jedoch rechtfertigt das nicht willkür- liche und unangemessene Eingriffe in die Rechte anderer. Unternehmer, die mit Plexi- glas, Desinfektionsspendern, Luftfilteranlagen, Fieberpistolen und Platzreduzierung erheb- lich in Hygienekonzepte investiert haben, sind nun betroffen. Dabei sind es eher der ÖPNV, die Fleischproduktion, Krankenhäuser und Gemeinschaftsunterkünfte, die die Zahlen hochtreiben. Nach Angaben des RKI ist der Infektionsbeitrag der Gastronomie sehr ge- ring. Dieses Ergebnis veranlasste Gerichte Sperrstunden zu kippen. Bei der Schließung liegt ein Mehr vor, jedoch erfolgt immerhin eine Kompensation und die Zahlen steigen. Es wird spannend. Im Zusammenhang mit Klagen sprechen Sie von ALPHA-Regeln, was bedeutet das? ALPHA bedeutet: Abstand, Luftfilter, Profi- maske, Hygiene und Achtsamkeit. Die Anstek- kung erfolgt durch Aerosole. Hochgezogene T-Shirts vermeiden ebenso wenig eine Aero- solbelastung der Luft wie einfache OP-Mas- ken. Dort, wo wir uns nahe kommen, brau- chen wir FFP2-Masken und ohne Masken dann taugliche medizinische Luftfilter, um die Aerosolbelastung der Luft ausreichend zu senken. Durch die ALPHA-Regeln wird die In- fektionsgefahr deutlich reduziert und die Ar- gumente für eine Einschränkung -auch bei höheren zukünftigen Infektionszahlen- ent- kräftet. Siemeinen, dass Luftfilteranlagen eine Lösung gegen coronabedingte Schließungen sind? Die Wirksamkeit geeigneter Geräte ist bewie- sen und auf Bundes- und Landesebene ist ei- niges in Arbeit. Das Problem ist, dass geeig- nete Geräte teuer sind und eine Vernachlässigung anderer Maßnahmen be- fürchtet wird. Als Unternehmer schafft man ein Mehr an Sicherheit und somit Vertrauen. Finanziell sollte sich die durchdachte Anschaf- fung schnell amortisieren, Zuschüsse und Ab- schreibungen erörtert man am besten mit sei- nem Steuerberater. Die Gemeinden sollten dazu ernsthaft überlegen, ob Seebrücken und andere Millionenprojekte sofort umgesetzt werden müssen, oder jetzt nicht besser erst- mal für verhältnismäßig kleine Beträge Schu- len, Sporthallen und andere Einrichtungen mit Filtertechnik versehen werden, um die Bürger vor Ort besser zu schützen. Entsprechende Luftfilteranlagen filtern übrigens nicht nur Vi- ren sondern auch Asbest und andere Schad- stoffe aus der Luft. Rechtsanwalt Sven Markus Kockel befasst sich intensiv mit Fragen um SARS-CoV-2 Anzeige

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