StrandBlick November 2020
14 StrandBlick November | 2020 Timmendorfer Strand Die Politik plädiert für eine Neubesetzung Spannung in Timmendorfer Strand: am 22. November geht es darum, ob Bürgermeister Robert Wagner im Amt bleibt oder von den Bürgern abgewählt wird. Die Ortspolitiker Sven Partheil-Böhnke (FDP) und Jörn Eckert (SPD) sowie die Gleichstellungsbeauftragte Susanne Sommerfeld erklären hier, warum man sich eine Neubesetzung wünscht. Strandblick: Bürgermeister Robert Wagner soll nach den Wünschen der Ortspolitiker - außer der CDU - und einiger engagierter Bür- ger am 22. November abgewählt werden. Wer soll danach kommen? Gibt es einen Plan? Sven Partheil-Böhnke (FDP): Der erste Schritt ist ja getan; das ganze Verfahren geht nun seinen offiziellen Gang. Die Stelle wird aus- geschrieben - es geistern auch schon einige Namen durch den Ort, aber ich denke, alles, was danach kommt, ist besser als das, was wir im Moment haben. Strandblick: Wenn Robert Wagner abgewählt wird, wie will man dann bei der Auswahl eines neuen Kandidaten vorgehen? Jörn Eckert (SPD): Wir haben beim letzten Bürgermeister-Wahlkampf alles verkehrt ge- macht, weil wir keinen Kriterienkatalog aufge- stellt haben, um die Kompetenzen zu prüfen. Beim nächsten Mal sollte es genau definierte Kriterien für die Neuwahl geben: Führungser- fahrung 40%, Verwaltungserfahrung 20%, Haushaltserfahrung 20% und touristische Er- fahrung 20%. Konkrete Erfahrungen werden geprüft; nur dann werden wir einen Kandida- ten oder eine Kandidatin unterstützen. Strandblick: Wie geht es weiter, wenn er nicht abgewählt wird und im Amt bleibt? Sven Partheil-Böhnke (FDP): Dann haben wir ein Problem, die Politik wieder zu einigen; dann wird sich nichts ändern. Mitarbeiter wer- den weiter kündigen. Und dann haben wir in den nächsten Jahren ein echtes Problem, dann bleibt die Politik weiterhin gespalten. Jörn Eckert (SPD): Wir haben ja die Befürch- tung, dass nicht nur die Politik darunter leidet, sondern auch das Rathaus. Ich weiß von vielen, dass man darauf hofft, dass Herr Wagner ab- gewählt wird. Ansonsten wird es weitere Kün- digungen geben, da bin ich mir ganz sicher. Strandblick: Gibt es dazu klare Aussagen der Mitarbeiter? Sven Partheil-Böhnke (FDP): Bei den Mitar- beitern in der Gemeindeverwaltung gibt es eine deutliche Mehrheit gegen ihn. Er bestä- tigt zwar, dass er Fehler gemacht habe, aber seine Fehler bestünden lediglich darin, seine Mitarbeiter nicht genug kontrolliert zu haben. Wenn das so weiter geht, halte ich das für ka- tastrophal. Strandblick: Was wusste man eigentlich von Robert Wagner, als er sich beworben hat? Sven Partheil-Böhnke (FDP): Es war eine Aus- schreibung, und er hat sich beworben, hat sich vorgestellt, machte einen smarten Ein- druck. Er hat vom Wir-Gefühl gesprochen, daraus ist ein Ich-Gefühl geworden. Wir ha- ben uns den Kandidaten Robert Wagner an- geguckt, ohne zu wissen, ob er mit den Mit- arbeitern und den Bürgern umgehen und zusammenarbeiten kann. Hinterher haben wir festgestellt, dass wir uns vollkommen in ihm getäuscht haben. Strandblick: Wie hat sich das ausgedrückt? Susanne Sommerfeld: Was die Gemeinde in den letzten Monaten und Jahren an Krankheits- Ausfällen hatte, das kann man gar nicht mehr aufwerten. Als er sechs Wochen im Amt war, da gab es schon die ersten Kündigungen. Da war ich erst überrascht, dann hab‘ ich zum ersten Mal gehört, was im Rathaus los ist, und da merkte ich, das ist eine ungute Atmosphäre. Die Leiter vom Ordnungsamt und Bauamt haben gekündigt, weitere Kündigungen gibt es aus al- len Abteilungen, über 20 Mitarbeiter, auch aus wichtigen Positionen, sind verloren gegangen. Strandblick: Wie ist die Situation jetzt? Jörn Eckert (SPD): Seit der Bürgermeister be- urlaubt ist, entspannt sich die Atmosphäre. Eigentlich ist es in der Wirtschaft so, dass ein leitender Beamter, bei dem so viele Kündi- gungen passieren, entlassen wird. Das ist ein- deutig eine Führungsschwäche. Und wenn der Personalrat einen Hilferuf an die Politik weitergibt, dann muss gehandelt werden. Wenn ein Verfahrensfehler wie beim Gosch- Neubau passiert, dann ist klar: Fehler kann je- der machen. Aber dann stelle ich mich vor meine Mitarbeiter und sage: So etwas darf nicht passieren, wir müssen die Prozesse ana- lysieren. Das ist nicht geschehen. Strandblick: Wird man künftig mehr Wert dar- auf legen, dass ein Bürgermeister aus der Ge- gend kommt und sich besser mit den Gege- benheiten auskennt? Jörn Eckert (SPD): Es wäre schon gut, wenn er einen Bezug zumOrt hätte. Ich denke doch, dass der Bürger sagt: Bloß nicht wieder einen von außerhalb! Strandblick: Werden in der Corona-Situation genug Bürger zur Wahlurne gehen? Jörn Eckert (SPD): Man sollte die Briefwahl nutzen und die Unterlagen online bei der Ge- meinde beantragen. Alle anderen können gern an die Wahlurne treten - unter Einhal- tung der verordneten Regeln. Strandblick: Und wie hoch werden die Kosten sein? Sven Partheil-Böhnke (FDP): Das normale Ab- wahlverfahren kostet 15.000 bis 20.000 Euro. Aber das sollte man in Relation dazu stellen, was wir einsparen, wenn er abgewählt wird. Er hat so viele Fehler gemacht, da meine ich, es wäre günstiger. Sven Partheil-Böhnke , Gemeindevertreter FDP; Susanne Sommerfeld, Gleichstellungsbeauftragte und Jörn Eckert, Gemeindevertreter SPD hoffen darauf, dass Robert Wagner am 22. November abgewählt wird
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