StrandBlick Oktober 2020
12 StrandBlick Oktober | 2020 Timmendorfer Strand Robert Wagner ist bereit zum Neustart Er war einige Zeit nicht vor Ort, blieb aber immer ein beliebtes Gesprächsthema. Timmendorfs Bürgermeister Robert Wagner hat für Kontroversen gesorgt, in der Verwaltung wie auch bei einigen Bürgern. Mit 1500 Unterschriften will eine Initiative seine Abwahl durchsetzen. Die Entscheidung fällt am 22. November an der Wahlurne. Robert Wagner kommt mit Hund „Lou“ zum Gespräch, ein fröhlicher junger Boston Terrier, der sich artig auf seinen Platz setzt. „Er gibt mir ein Stück Lebensfreude“, sagt Timmen- dorfs Bürgermeister, der seinen Schreibtisch im Rathaus vor geraumer Zeit aus mehreren Gründen geräumt hat. Vorrangig, um seinem Vater in Aachen bei- zustehen, der nach dem Tod der Mutter schwer erkrankte und schließlich ebenfalls starb. In zweiter Linie ob der Querelen in Tim- mendorfer Strand. Wegen einer Unterschrift, die ein umstrittenes Niendorfer Bauprojekt möglich machte, und Kündigungen in der Ge- meindeverwaltung hatten sich mehrere poli- tische Vertreter - ausgenommen der CDU - gegen ihn gestellt und schließlich einen Zwangsurlaub mit Betretungsverbot der Räume durchgesetzt. Gleichzeitig hatte eine Gruppe Timmendorfer Bürger mit einer Un- terschriftenliste ein Abwahlverfahren forciert. Am 22. November soll an der Wahlurne ent- schieden werden, ob er als gewählter Bürger- meister im Amt bleiben oder durch einen Nachfolger ersetzt werden soll. Dass er trotz der angespannten Situation bei der Sitzung des Gemeinderats am 24. September „als Besucher“ anwesend war und sich die Vorwürfe und Maßnahmen gegen ihn und seine Amtsführung anhörte ohne sich dazu äußern zu dürfen, sorgte bei vielen Teil- nehmern für Überraschung, aber auch für Bewunderung. „So bin ich eben“, sagt er. Kapitulation ist für ihn keine Option. „Und das sollten jene, die meine Wahl unter- stützt haben, eigentlich auch wissen. Ich habe mich überall vorgestellt, alle hatten die Mög- lichkeit, mich kennenzulernen.“ Die Probleme begannen schon kurz nach dem Amtsantritt vor zwei Jahren. „Man hat mich ja zunächst breit unterstützt, weil man jemanden haben wollte, der nicht verwandt und verschwägert ist und wirklich sachlich und themenorientiert agiert. Dazu gehört auch, dass ich das Vergaberecht neu interpretiert und mich von einigen Auftrag- nehmern getrennt habe, weil mir die Kondi- tionen nicht gefallen haben.“ Auch innerhalb der Gemeindeverwaltung gab es Schwierigkeiten: Kündigungen und Krank- schreibungen schrieb man Robert Wagner und seinem Führungsstil zu. „Dabei gab es schon vor meiner Amtszeit rund 20 Kündi- gungen, und nicht jede Kündigung ist eine Arbeitgeberkündigung. Wenn wir dann neue Mitarbeiter*innen finden konnten, hatten die immer die gleichen Probleme wie ich. Neue Beschäftigte bringen eben neue Arbeitswei- sen mit und andere Ideen - und letztlich besteht dann auch nicht der direkte Draht zu den Sachbearbeitern, die man als Einheimi- scher gut kannte und den Bürgermeister übergehen konnte.“ „Aber es herrscht kein Stillstand in der Ge- meinde“, betont Robert Wagner. „Trotz ver- schiedener Meinungen haben wir in vielen Fällen sachorientiert miteinander gearbeitet und Beschlüsse ausgeführt, die ich zum Teil aus der Vorgänger-Zeit übernommen habe. Einiges habe ich zur Chefsache gemacht und eng begleitet, damit es voran geht und wir Ergebnisse vorweisen können: Die Fußgän- gerquerung bei Edeka Niendorf, die neuen Spielplätze und die Feuerwehrumfahrung in Niendorf, Teilabschnitte des Straßenbaus, drei neu beleuchtete Brücken im alten Kurpark. Der größte Wurf war der Verkauf gemein- deeigener Grundstücke an die Sparkassen- Immobilengesellschaft, der von der Politik unterstützt wurde. Auf der Blumenkoppel werden 58 Mietwohnungen entstehen, 17 mit Mietpreisbindung, die anderen frei finanziert. Wir haben jetzt beschlossen, 2021 ein großes Grundstück an der Hauptstraße zu kaufen. Daraus kann ein Mischgebiet werden, um auch Gewerbe anzusiedeln und das Gebiet am Oeverdiek zu entlasten. Es kommt ein bisschen Entspannung in den Wohnungs- markt, nicht allein durch die Blumenkoppel, sondern auch durch das neue Grundstück neben Auto Schneider, wo über 100Wohnun- gen entstehen sollen. Wünschenswert wäre auch hier bezahlbarer Wohnraum.“ Und es gibt auch Hoffnung für die Bäderbahn: „Was ich ganz persönlich wunderbar finde ist, dass das Land einen zweitägigen Mobilitäts- Kongress im Maritim Clubhotel organisiert, wo es um die gesamte Mobilität an unserer Küste geht; da wird sich auch unsere Bäder- bahn-Trasse wiederfinden. Unser Anliegen ist der Bahnhofs-Erhalt in Timmendorfer Strand oder eine bessere Anbindung an Ratekau. Dafür hat sich Ole von Beust eingesetzt, und nicht zuletzt Bürgermeister Robert Wagner. Dr. Buchholz hat gesagt, dass die Ideen der Küstenmobilität weiter verfolgt werden, und ich bin froh, dass man sich nun auch darüber Gedanken macht.“ Wie wird es weiter gehen? - Am 22. November sollen die Timmendorfer*innen ihre Entschei- dung treffen. „Die Bürger wollen doch nur eines: arrangiert Euch, findet eine Arbeits- ebene!“ Robert Wagner ist bereit. Wer und was nach ihm käme, das weiß noch keiner. „Das Wichtigste ist die Lebensfreude“, sagt Robert Wagner und blickt mit seinem Boston Terrier „Lou“ optimistisch in die Zukunft Robert Wagner wurde mit klarem Vorsprung zum Bürgermeister von Timmendorfer Strand gewählt. Bald folgten erste Spannungen
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