Das Alte Rathaus im Timmendorfer Zentrum leuchtet in den Nationalfarben der Ukraine: Gelb und Blau schimmert es in die Menschenmenge, die sich davor versammelt hat. Rund 400 Einwohner der Region kamen am Mittwoch, den 2. März, um 18.00 Uhr auf den Timmendorfer Platz, um gemeinsam gegen den Krieg, für den Frieden zu demonstrieren.
Der Timmendorfer Platz voller Menschen. Alle sind still, schauen andächtig auf das zweifarbig beleuchtete Alte Rathaus. Blau und Gelb: es sind die Farben der Ukraine. Zwei Frauen singen die Nationalhymne ihres Landes, und viele sind zu Tränen gerührt. „Beendet den Krieg in der Ukraine“ steht auf selbst beschriebenen Schildern, die viele hochhalten, um ein Zeichen zu setzen für den Frieden. Der hat sich plötzlich aus dem bislang friedlichen Europa entfernt. Am 24. Februar begann der Überfall Russlands auf die benachbarte Ukraine, den Staat, der sich der EU anschließen möchte, was der Despot Wladimir Putin unbedingt verhindern will.
Nach dem Zerfall der Sowjetunion hat sich die Ukraine in Richtung Demokratie entwickelt. In Erinnerung sind uns die Maidan-Proteste und deren Vorläufer, die „orangene Revolution“ von 2004. Damals wurde der russlandfreundlich-konservative Präsident Wiktor Janukowitsch per Beschluss abgesetzt; ihm folgte dann Wolodymyr Selenskyj, der volksnah und beliebt einen Weg in die EU und die Demokratie anstrebt.
„Wir alle sind schockiert von den Ereignissen, die wir vor kurzem noch für völlig unvorstellbar hielten“, erklärte Timmendorfs Bürgermeister Sven Partheil-Böhnke in seiner Ansprache am Alten Rathaus. „Ein Krieg in Europa: Dagegen müssen wir auch in Timmendorfer Strand entschieden NEIN sagen. Der Krieg muss sofort beendet werden.“- Derzeit sieht es nicht danach aus. Die Bombenangriffe auf die Zivilgesellschaft, auf lebenswichtige Einrichtungen wie Krankenhäuser, Schulen, die Zentrale der Stromversorgung und Lebensmittelmärkte gehen weiter; in der Hauptstadt Kiew sind ganze Wohngebiete unbewohnbar. Die Hafenstadt Mariupol ist laut aktueller Berichterstattung besonders stark betroffen. Und der „humanitäre Korridor“, der dort ebenso wie in Charkiw, Sumy und Kiew eingerichtet werden sollte, hat sich als Fehlinformation herausgestellt: Hier werden die Flüchtenden beschossen. Seit Kriegsbeginn sind laut den UN mindestens 1.207 Zivilisten verletzt oder getötet worden. Durch Gewalt seien 406 Menschen um Leben gekommen, 801 hätten Verletzungen erlitten, teilte das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte in Genf mit. Die tatsächliche Zahl der getöteten und verletzten Zivilisten dürfte wesentlich höher liegen.
Den mutigen Kampf der Ukraine für die Freiheit wollen die meisten Europäer*innen unterstützen. Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) hat 38,5 Millionen Euro als Soforthilfe für die Ukraine zur Verfügung gestellt. Die Mittel kämen aus Umschichtungen aus laufenden Programmen, teilte Schulze am Montag bei einem Treffen mit ihren EU-Kollegen im französischen Montpellier mit. Das Geld solle unter anderem für den Katastrophenschutz und die zivile Versorgung verwendet werden.
Auch die Flüchtlinge aus dem Kriegsgebiet sollen Unterstützung erhalten. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums sind inzwischen mehr als 50.000 Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland angekommen. Demnach sind 50.294 aus dem Kriegsland geflüchtete Menschen, überwiegend Frauen und Kinder, von der Bundespolizei vor allem an den Bahnhöfen festgestellt worden. Rund 13.500 werden laut wahrscheinlich nach Schleswig-Holstein kommen. Wer mit Unterkünften oder anderweitig helfen kann, melde sich bitte beim Integrationsbüro unter 04521/ 4017011.