Das gab’s noch nicht mal in Timmendorfer Strand: Nach nur zwei Jahren im Amt wurde Timmendorfs Bürgermeister Robert Wagner am 22. November mit der Abwahl-Aktion einer Bürgerinitiative aus dem Amt entlassen. Das Ergebnis mit 59,6% „Ja“- und 40,4% „Nein“-Stimmen demonstriert recht deutlich die angespannte Situation in der Gemeinde. Während zahlreiche Einwohner Verständnis für den neuen Amtsinhaber im Rathaus und seine erheblichen Herausforderungen zeigten, waren sich die Ortspolitiker - außer jenen der CDU - einig in der Entscheidung, die Stelle nach Möglichkeit neu zu besetzen. Einer der Gründe war die erschwerte Kommunikation mit den teilweise langjährigen Mitarbeitern der Gemeindeverwaltung. Nun ist erst einmal wieder alles offen: Timmendorfer Strand sucht einen neuen Bürgermeister, und diesmal soll er allen Ansprüchen gerecht werden.
Die Situation ist angespannter denn je. Timmendorfer Strand gilt zwar seit Jahren und Jahrzehnten als besonders schwierig, wenn es darum geht, im höchsten Amt der Gemeinde allen gerecht zu werden. Geschäftsleute, Touristen und Einwohner haben seit jeher unterschiedliche Wünsche; wer hier erfolgreich managen will, ohne sich unbeliebt zu machen, muss schon über besondere Talente oder Erfahrungen verfügen.
Für Robert Wagner war die Herausforderung besonders groß. Nicht nur das „Einarbeiten“ in die Angelegenheiten der Gemeinde gestaltete sich diffizil, da es wegen zahlreicher Kündigungen im Rathaus nur wenig Unterstützung gab, auch die Kommunikation war schwierig. Bei einer Sitzung der Gemeindevertretung am 3. Juni dieses Jahres erreichten die Kontroversen einen Höhepunkt: die Politiker fast aller Parteien, außer der CDU, stellten einen Antrag auf seine Abwahl. Der Versuch, die Dinge mit einer Metapher zu klären, ging daneben: dass er bei seiner Amtsübernahme einen „Stallgaul“ übernommen hätte und daraus ein „Rennpferd“ machen sollte, das nötige „Kraftfutter“, die „Rennbahn“ und der „Trainer“ aber nicht zur Verfügung ständen, wurde als Beleidigung der Mitarbeiter gewertet, was laut Bürgermeister Wagner keineswegs seine Absicht war. Nachdem dieser Antrag am Widerspruch der CDU gescheitert war, bildete sich eine Bürgerinitiative, die sich für eine baldige Abwahl einsetze. Und sie hatte Erfolg: Die Mehrheit entschied sich gegen Robert Wagner.
„Und was nun?“ fragen sich die Timmendorferinnen und Timmendorfer, die sich gerade jetzt, in der Pandemie-Situation, ein kompetentes Management im Rathaus wünschen. „Die Stelle wird ausgeschrieben“, erklärt Ortspolitiker Sven Partheil-Böhnke, FDP, und Jörn Eckert von der SPD ergänzt: „Wir haben beim letzten Bürgermeister-Wahlkampf alles verkehrt gemacht; Beim nächsten Mal gibt es genau definierte Kriterien für die Neuwahl: Führungserfahrung 40%, Verwaltungserfahrung 20%, Haushaltserfahrung 20% und touristische Erfahrung 20%. Konkrete Erfahrungen werden geprüft, nur dann werden wir einen Kandidaten oder eine Kandidatin unterstützen.“
Für die Zwischenzeit haben die Stellvertreter*innen Melanie Puschaddel-Freitag und Andreas Müller das oberste Amt im Ostseebad übernommen, und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung sorgen ebenfalls engagiert dafür, dass alles so reibungslos wie möglich weiter geht. Bis zum kommenden Mai soll das wichtigste Amt in Timmendorfer Strand neu besetzt werden. Ob sich innerhalb der vorgegebenen sechs Monate ein geeigneter Kandidat oder eine Kandidatin findet, der oder die alle Ansprüche erfüllt, ist noch ungewiss. Fest steht: neben den geforderten Kriterien sollte Timmendorfs Bürgermeister*in ein ausgeprägtes Kommunikations-Talent und vor allem stabile Nerven mitbringen.