Diskussionen, neue Pläne: Wie geht es weiter mit dem Timmendorfer ETC?

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Noch ein bisschen Hoffnung, dass es weitergeht: Die Kids vom Timmendorfer Eishockeyclub stehen vor Sitzungsbeginn gespannt vor dem Rathaus
Noch ein bisschen Hoffnung, dass es weitergeht: Die Kids vom Timmendorfer Eishockeyclub stehen vor Sitzungsbeginn gespannt vor dem Rathaus

Die Kids hat­ten ihr Eis­ho­ckey-Oufit ange­zo­gen und stan­den stumm vor dem Tim­men­dor­fer Rat­haus. Hier soll­te mal wie­der dis­ku­tiert, debat­tiert, geplant und eigent­lich auch beschlos­sen wer­den, was schon lan­ge auf dem Plan der Gemein­de­ver­wal­tung steht: Die Zukunft des Eis­lauf- und Ten­nis­zen­trums ETC. Nach­dem die Timmendorfer/innen mit einem Bür­ger­ent­scheid im Febru­ar 2017 ein­deu­tig für den Fort­be­stand des ein­zi­gen Eis­lauf-Zen­trums im Nor­den votiert hat­ten, soll­te eigent­lich saniert wer­den - mit 2 Mil­lio­nen Euro För­der­geld. Aber dann geschah erst ein­mal nichts. Denn nun ste­hen eini­ge Fra­gen im Raum: „Soll saniert oder abge­ris­sen und neu gebaut wer­den?“ - „Soll man nach einem Inves­tor suchen?“ - „Impli­ziert der Bür­ger­ent­scheid über­haupt einen Neu­bau?“ - Bei der gemein­sa­men Sit­zung von Tou­ris­mus- und Bau­aus­schuss am Don­ners­tag, den 16. August, kol­li­dier­ten die Beschlüs­se und eine ech­te Zukunfts­per­spek­ti­ve steht wei­ter­hin in den Sternen.

Sind Sie für den Erhalt des ETC?“ lau­te­te die Fra­ge des Bür­ger­ent­scheids, und die Tim­men­dor­fer stimm­ten mehr­heit­lich mit „Ja“. Das war ein Jubel im Febru­ar 2017: mit 2.726 Ja-Stim­men (82,88%) und einer Wahl­be­tei­li­gung von 43,27% hat­ten die Befür­wor­ter der Eis­hal­len-Ret­tung ihr Ziel schein­bar locker erreicht. Aber der Schein trügt. Zwar stell­te Archi­tekt Jörg Bever ein schlüs­si­ges Sanie­rungs­kon­zept vor, mit dem die Eis- und Ten­nis­hal­le für 8,3 Mio. Euro (net­to) mit allen bau­li­chen und tech­ni­schen Ein­rich­tun­gen wie­der „fit“ gemacht wer­den könn­te, zwar stell­te das Land auf Anfra­ge eine Unter­stüt­zung mit 2 Mio. Euro in Aus­sicht - aber dann hat­te ein zwei­ter Archi­tekt eine eige­ne Kos­ten­schät­zung ein­ge­reicht und kam dabei auf die stol­ze Sum­me von 9,3 Mio. Euro netto.

Die Hal­le muss abge­ris­sen und neu gebaut wer­den“, lau­te­te eine neue Vor­ga­be der Frak­tio­nen SPD, WUB und BBNP. „Das ent­spricht aber nicht dem, was wir ent­schie­den haben“, pro­tes­tier­ten die ETC-Ret­ter. So stell­te die Tim­men­dor­fe­rin Ulri­ke Free­se wäh­rend der Bür­ger­fra­ge­stun­de allen poli­ti­schen Ver­tre­tern die ent­schei­den­de Fra­ge: „Wie steht Ihre Par­tei zur Umset­zung des Bür­ger­ent­scheids, was die Sanie­rung der Eis­hal­le angeht?“- Kla­re Ant­wort kam von den Grü­nen: „Wir wol­len die Sanie­rung der Eis­hal­le und ste­hen zum Bür­ger­ent­scheid.“ Eben­so ent­schied die ört­li­che FDP. Die SPD,vertreten durch Jörn Eckert, erklär­te: „Wir pla­nen den Neu­bau einer Hal­le an einem ande­ren Ort“ und ern­te­te deut­li­chen Miss­mut. Auch die „Neue Per­spek­ti­ve“, ver­tre­ten durch Micha­el Strüm­pell, plä­diert für einen Neu­bau, eben­so die WUB, wäh­rend die CDU einen wei­ter füh­ren­den Antrag stell­te, der für eine Sanie­rung plä­diert und im Ände­rungs­an­trag anregt, unter Mit­wir­kung des Kur­be­triebs und des TSNT ein Kon­zept für die Som­mer­mo­na­te zu erstel­len. Die in der Begrün­dung des Bür­ger­ent­scheids erwähn­te Mehr­zweck­nut­zung der Hal­le hat sich aller­dings durch ein Gut­ach­ten des FWI Ham­burg (Bera­tung für Frei­zeit­wirt­schaft) als unwirt­schaft­lich erwie­sen und ist laut Ana­ly­se eines Fach­an­walts auch nicht die Kern­fra­ge des Bürgerentscheids.

Die Zeit drängt: Bis Ende Sep­tem­ber sind die För­der­mit­tel abzu­ru­fen - für eine Sanie­rung der Hal­le. Aber auch Bür­ger­meis­ter Robert Wag­ner riet in sei­nem Plä­doy­er für einen Neu­bau. Man müs­se nach einem Inves­tor suchen, riet er den Bür­gern. Denn bei einer Sanie­rung mit För­der­gel­dern ver­pflich­te man sich, für 15 Jah­re Erhalt und Pfle­ge der Hal­le zu sichern. Das könn­te teu­er wer­den: die jähr­li­che Belas­tung belie­fe sich auf 1,2 Mio. Euro, schätz­te Käm­me­rer Nils Jan­kow­sky. Wie das Gan­ze aller­dings aus­sieht, wenn man sich einem Inves­tor ver­pflich­tet, ist kaum über­schau­bar. „Wir haben da so eini­ge Erfah­run­gen mit Inves­to­ren gemacht“, erin­ner­te sich Gise­la Stein­hardt (FDP). „Da waren zum Bei­spiel die Initia­to­ren eines Ayur­ve­da-Zen­trums in Tim­men­dor­fer Strand. Die bei­den Her­ren woll­ten 40 Mio. Euro inves­tie­ren, in eine zukunfts­wei­sen­de Pla­nung, die mit gro­ßem Bei­fall begrüßt wur­de. Nach Über­prü­fung ihrer Finan­zen, bei denen eine ver­füg­ba­re Sum­me von rund 2.000 Euro ermit­telt wur­de, waren die Hoff­nungs­trä­ger wie vom Erd­bo­den ver­schwun­den. Was dabei her­aus­kam war ledig­lich eine Ände­rung des B-Plans, die den Bau neu­er Objek­te in Strand­nä­he für gut betuch­te Zweit­woh­nungs­be­sit­zer begünstigte.“

Die wür­den sich auch auf dem ETC-Are­al wohl füh­len. Und das weiß man in Fach­krei­sen. Bereits 2015 fand ein Inter­es­sen­er­kun­dungs­ver­fah­ren statt mit dem Fazit, dass sich nur Immo­bi­li­en­ent­wick­ler mel­de­ten, die an die­ser Stel­le Woh­nun­gen bau­en wol­len. Bei nähe­rer Betrach­tung erkennt man auch den Grund: auf dem „Sah­ne­grund­stück“ am Wald und in Strand­nä­he könn­ten locker 50 Wohn­ein­hei­ten ent­ste­hen und eini­ge Mil­lio­nen Euro gene­riert wer­den. Ein Inves­tor, der statt des­sen eine Eis­hal­le errich­tet und für einen über­schau­ba­ren Betrag an die Gemein­de ver­mie­tet, müss­te schon durch einen auf­fal­len­den Idea­lis­mus geprägt sein. „Die sichers­te Vari­an­te wäre nach wie vor die Sanie­rung“, mei­nen die Ken­ner des ETC-Gebäu­des. „Das Bau­werk selbst ist sta­bil; es geht nur dar­um, die Tech­nik und die Sani­tär­an­la­gen wie­der in Stand zu bringen.“

Die Gemein­de Tim­men­dor­fer Strand hat vor 32 Jah­ren das ETC mit dem Ziel über­nom­men, ein ganz­jäh­ri­ges Ange­bot für Gäs­te und Ein­hei­mi­sche zu schaf­fen. Seit Bestehen des ETC wur­de der Betrieb durch ver­schie­de­ne Päch­ter wahr­ge­nom­men. Der jähr­li­che Auf­wand (Zuschuss Sport­för­de­rung, Anteil Repa­ra­tur­kos­ten, War­tung u.a.) der Gemein­de belief sich in den letz­ten Jah­ren auf durch­schnitt­lich 160.000 Euro net­to. Das Ver­trags­ver­hält­nis mit dem letz­ten Päch­ter war zum 31.03.2016 aus­ge­lau­fen. Der Tou­ris­mus­aus­schuss hat in sei­ner Sit­zung am 22.02.2016 ent­schie­den, das ETC vor­erst durch die Gemein­de zu betrei­ben. Das der­zei­ti­ge Ange­bot im ETC umfasst die Berei­che Eis, Ten­nis (Außen- und Innen­plät­ze) und Ein­zel­ver­an­stal­tun­gen (z.B. Hun­de­mes­se, Beach­vol­ley­ball-Par­ty). Die tech­ni­schen Anla­gen im ETC haben mitt­ler­wei­le ihre Nut­zungs­dau­er über­schrit­ten. Die Gebäu­de­struk­tur hat einen alters­be­ding­ten Abnut­zungs­zu­stand. Eine Sanie­rung ist unausweichlich.

Wenn man sich dar­auf eini­gen könn­te, wäre vie­len Tim­men­dor­fern gehol­fen: 258 akti­ve Eis­ho­ckey­spie­ler gibt es im Ort (von Kleinst- über Klein­schü­ler bis zur 1. Her­ren­mann­schaft); 300 Mit­glie­der hat die Ten­nis­spar­te des NTSV Strand, die mit ihren inte­grier­ten Hal­len­plät­zen eben­falls betrof­fen ist. Betrof­fen ist aber auch die Gemein­de Tim­men­dor­fer Strand. Das ETC ist weit­hin bekannt, berühmt sind die sieg­rei­chen Ein­sät­ze des Eis­ho­ckey-Clubs, in dem vie­le Pro­mi­nen­te gespielt haben. Zum Bei­spiel Ker­ry Gou­let, der alle Tim­men­dor­fer dar­um gebe­ten hat­te, „bis zum Ende“ um die Hal­le zu kämp­fen. Sein Tri­kot hängt seit vie­len Jah­ren als Sym­bol unter der Hal­len­de­cke, „und dort wird es auch blei­ben“, sagen die Eis­ho­ckey-Fans, kämp­fe­risch und moti­viert wie beim Bür­ger­ent­scheid, der - wie sie immer wie­der beto­nen - end­lich umge­setzt wer­den muss.

Ob und wann und wie das nun pas­siert, ist bis heu­te nicht klar. Der Beschluss­vor­schlag, nach dem Bür­ger­meis­ter Robert Wag­ner beauf­tragt wird, für das ETC ein Inter­es­sen­er­kun­dungs­ver­fah­ren für einen Neu­bau zu star­ten und mög­li­che Inves­to­ren anzu­spre­chen, fand kei­ne ein­deu­ti­ge Zustim­mung. Wäh­rend der Tou­ris­mus-Aus­schuss für einen Neu­bau „mit gemeind­li­chem Mehr­wert“ votier­te, gab der Bau­aus­schuss dem Beschluss­vor­schlag nicht statt. Nun muss wohl der Haupt­aus­schuss erneut abstim­men. Bis Febru­ar 2019 ist der Bür­ger­ent­scheid bin­dend; die Poli­ti­ker sind gehal­ten, den Wil­len der Bür­ger nicht nur zu akzep­tie­ren, son­dern nun auch im Sin­ne der Bür­ger aktiv zu werden.

Anmer­kung: Laut § 16g der Gemein­de­ord­nung ist es der Gemein­de­ver­tre­tung oder ent­schei­dungs­be­fug­ten Aus­schüs­sen ver­bo­ten, eine im Wege des Bür­ger­ent­scheids getrof­fe­ne Ent­schei­dung inner­halb der nächs­ten zwei Jah­re abzu­än­dern oder auf­zu­he­ben. Die Gemein­de­ver­tre­tung oder Aus­schüs­se kön­nen sich auch nicht auf eine Ver­än­de­rung der Ent­schei­dungs­grund­la­gen beru­fen, son­dern haben die getrof­fe­ne Ent­schei­dung zu respek­tie­ren. Für die Berech­nung der Zwei­jah­res­frist gel­ten in ent­spre­chen­der Anwen­dung von § 89 Abs.1 LVwG die Vor­schrif­ten des BGB. Die Frist beginnt nach § 187 Abs. 1 BGB mit dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem der Bür­ger­ent­scheid durch­ge­führt wurde.