Idyllisch, ruhig, mit langer Geschichte: Der Timmendorfer Kurpark wurde Ende der 1940er Jahre kunstvoll angelegt, mit Teichen, Wiesen, schönen Bäumen. Ein Refugium für Einheimische und Gäste. Nun soll die Idylle verändert werden durch einen Radweg mit Promenade, der von der Bergstraße aus bis zu 3 Meter weit in den Park hineingebaut wird. Die mit alten Bäumen und hoher Hecke gesäumte Begrenzung wird geöffnet, „damit man beim Vorbeifahren hineinsehen kann.“ Dieser 200.000 Euro teuren Aktion werden etliche alte Bäume zum Opfer fallen, der Kurpark wird sein Gesicht verändern.
„Wer soll das bezahlen…wer hat das bestellt“ tönt es vielstimmig aus dem Kurpark: die Timmendorfer GRÜNEN hatten am vergangenen Samstag, den 24. November, zur Demonstration eingeladen, und rund 50 Mitstreiter kamen, um „etwas zur Rettung des Kurparks zu tun.“ Ob es viel nützen wird, ist zweifelhaft: Die Umgestaltung der traditionsreichen Parkanlage ist beschlossene Sache. In der jüngsten Sitzung der Gemeindevertretung votierte man mit den Stimmen von CDU und WUB mehrheitlich dafür, dass im Zuge der Bergstraßen-Sanierung ein Streifen auf der Kurparkseite in den Park hineinragen werden soll, damit dort, wo heute eine hohe Hecke und alte Bäume stehen, ein Weg für Fußgänger und Radfahrer entstehen kann.
„Die Bergstraße soll nach dem Willen der CDU und WUB zur Luxusstraße mit Gelbklinker-Gehwegen wie im Zentrum und gelb gepflasterter Fahrbahn ausgebaut werden“, erklären die GRÜNEN. „Die Gesamtkosten werden auf ca. 2 Millionen Euro für 610 m Straße geschätzt. Der obere Teil der Bergstraße kostet bei 530 Meter Sanierung 520 000 Euro. Auch die Otto-Langbehn-Straße schlägt mit nur 540 000 Euro zu Buche. Der neue kombinierte Rad/Gehweg ragt etwa 3 Meter in den Kurpark hinein. Mehrere große Bäume und Sträucher werden dafür vernichtet.“ - Während einer Ortsbegehung, initiiert durch den Ausschuss für Umwelt und Verkehr, hatte Landschaftsplaner Henning Klapper am 20. November seine Gestaltungspläne vorgestellt, wobei zahlreiche besorgte Bürger ihr Unverständnis über diese Baumaßnahme äußerten. Auch Bürgermeisterin Hatice Kara war dabei, erklärte auf Nachfrage, dass es hier darum gehe, den Blick von der Straße in den Park zu öffnen.
„Sehen und gesehen werden“ ist eben das Credo im „Nizza des Nordens“ - und das sei, so meint vor allem die WUB, beim Hineinfahren in den Ort besonders wichtig. „Die Bergstraße ist für unsere Gäste, ob zu Fuß vom Bahnhof kommend oder mit dem Fahrzeug von der Autobahn, die Haupteingangsstraße in die „Premium Destination“ Timmendorfer Strand. Somit ist der jetzige Zustand der erste Eindruck, den unsere Gäste von unserem Ort bekommen. Und was dieser erste Eindruck für eine Bedeutung hat, sollte allen bewusst sein.“ Bislang wurde dieser Eindruck so wenig gepflegt wie der Park selbst, der seit Jahren einen eher traurigen Eindruck macht. Aber: „Der Kurpark an der Bergstraße wird nach diser Maßnahme nicht mehr hinter einer Hecke versteckt. Dadurch ergibt sich natürlich auch die Verpflichtung, den Kurpark angemessen zu pflegen“, konstatiert die WUB. Ob eine Pflege nicht auch ohne teure Umbaumaßnahmen möglich wäre?
Die SPD hält den Bau eines kombinierten Geh- und Radweges bzw. einer Promenade jedenfalls für eine „verkehrs-, umwelt- und finanzpolitische Katastrophe.“ Radfahrer werden gezwungen sein, die Bergstraße zweimal queren zu müssen: einmal beim Fahrwegwechseln in den Kurpark und einmal am unteren Ende der Bergstraße auf Höhe der Apotheke. Verkehrsfachleute sehen in dieser Verkehrsführung eine Gefährdung der Radfahrer der Radfahrer durch PKW, Busse und LKW. Außerdem würde eine neue Lenkung der Verkehrsströme durch die Umleitung der Verkehrsströme u.a. zum Parkplatz an der Eishalle über eine doppelt abknickende Vorfahrstraße durch einen Ausbau der Bergstraße zur „Promenadenstraße“ ad absurdum geführt. „Die Bergstraße ist bereits eine 30 km/h Zone und wird es nach dem Umbau bleiben. Sie ist damit hervorragend für Radfahrer geeignet, auch weil der Hauptverkehr laut Planungen durch die Wohldstraße abgeleitet werden soll“, heißt es in der SPD-Erklärung weiter. „Im Kurpark verlaufen bereits jetzt ausreichend Wegeführungen zum Promenieren und Radfahren, die teilweise nur 5 Meter neben dem geplanten Neubau verlaufen. Eine zusätzliche Promenade käme einem Schildbürgerstreich nahe.“
In jedem Fall würde sich das Ortsbild verändern. Allein diesen Umstand würde die WUB begrüßen: „Stillstand ist Rückschritt“ lautet der Titel ihrer Presseerklärung - und schließlich sei „insbesondere die Investitionsfreude unserer Gemeinde in den vergangenen Jahrzehnten der Schlüssel zum Erfolg gewesen.“- Was den einen ein Erfolgsrezept, ist anderen ein Dorn im Auge. „Wer soll das bezahlen?“ skandieren die Skeptiker: Noch stehen etliche Straßen-Sanierungen in der Gemeinde an, die letztlich nicht unerhebliche Kosten verursachen werden. Dabei besteht die Möglichkeit, Geld zu sparen ohne zu verzichten. Für die historische Parkanlage im Timmendorfer Zentrum gäbe es sicher eine schonendere und preisgünstigere Alternative, meint die SPD. „Von den 200.000 Euro (die immer noch durch zusätzlich Kosten erhöht werden können) sollten nach dem Vorschlag der Timmendorfer Sozialdemokraten 100.000 Euro für die Konsolidierung des Haushaltes verwendet werden. Die restlichen 100.000 Euro sollten in dringend benötigte Projekte fließen, zum Beispiel in die Pflege und Neugestaltung des Kurparks mit einem Beleuchtungskonzept, Neuanpflanzungen, Wege- und Wasserpflege. „Somit würde den historischen Kurpark eine Aufwertung zukommen, die sowohl unseren Gästen als auch den Einwohnern einen deutlichen Mehrwert einbringen würde. Eine grüne Lunge im Zentrum der Tourismusgemeinde für Gäste und Einheimische. Die Konzepte zur Umsetzung liegen bereits vor.“
Video: Jörn Eckert; Fotos: Susanne Dittmann, Jörn Eckert, Irene Reinecke